Von der Kunst, sich durchzumogeln

Das Thema wäre nicht schlecht: ein sensibler, künstlerisch begabter Teen, der anderes im Kopf hat als die Schule. Ihn beschäftigen Topoi wie die Anzahl der Menschen, die es insgesamt schon gegeben hat, die es heute gibt, wieviele Menschen täglich sterben. Die Sterblichkeit, Tsunamis und andere erd- und menschengemachte Katastrophen. Er ist ganz klar ein Typ, der auch noch keinen Sex gehabt hat. Er kann wunderbar zeichnen. Während dem Unterricht malt er ganze Bücher voll mit Gesichtern und Fratzen und Fantasiegebilden. Aber er pflegt keine Hausaufgaben zu machen.

Wobei der Titel „die Kunst sich durchzumogeln“ mir zumindest von der Exposition des Filmes her besehen nicht so ganz treffend erscheint. Denn der junge Mann, George heißt er, versucht gerade nicht sich durchzumogeln, er findet nur andere Themen viel wichtiger. Zudem gibt’s bei ihm zuhause Probleme. Er hat einen Stiefvater. Von dem entdeckt er bald, dass sein Leben auch nicht so funktioniert, wie er vorgibt, dass es funktioniert. Man erwartet also nach der Exposition eher ein Drama. Denn die Figur des ahnungsvollen, sensiblen Künstlers, der nicht für eine brutale Maschinerie wie die Schule gemacht ist, der von so einer Maschinerie normalerweise eher hinauskatapultiert wird, wird sehr glaubwürdig behauptet.

Natürlich muss eine Liebesgeschichte, erst eine zarte, eingeführt werden. Die mit Sally. Sie taucht erstmals auf, wie sie auf dem Flachdach des Schulhauses raucht. Er guckt nur in die Gegend, in seinen notorischen, man könnte auch interpretieren, Verpuppungsmantel, gehüllt. Eine Lehrerin kommt und riecht, dass geraucht wird. Er nimmt das auf sich, indem er tut, als stecke er sich eine Zigarette an, während Sally entwischen kann. Das bringt die beiden näher. Ihre Mutter führt ein Lotterleben. Hat einen lockeren Umgang mit Männern und dem Sex. Und wie sich rausstellen wird, George eben nicht. Der nimmt das alles ganz ernst. Die Mutter von Sally warnt diese vor der Ernsthaftigkeit von George. Es kommt ein Kunstmaler ins Spiel, der auch auf der Schule war, auf der der Kunstunterricht immer eine Rolle spielte. Der wird es dann mit Sally treiben.

Leider wird die vielversprechende Exposition der Geschichte, die aus dem zarten, ahnungsvollen jungen Mann vielleicht hätte über diverse Krisen einen ernst zunehmen Künstler machen können, durch den Fortgang so ziemlich entwertet, indem bald klar wird, dass alles auf ein nicht allzu teures Happy End zusteuern muss und dass das A und das O im Leben eben doch der College-Abschluss sei, den George nach all seinen Ausfällen und Opponiererei in drei Wochen Ackerei erreicht – und vielleicht nur, weil die Mutter die Wohnung verkaufen muss. Also nicht durchmogeln, sondern büffeln. Und der Mallehrer hat von ihm ein ernstes Gemälde verlangt, wo er seine Grenzen überschreitet, wo er sich neu zu verstehen gibt. Das ist ein leider sehr erwartbares Portrait von Sally, die inzwischen mit dem jungen Maler was hatte. Das kommt ganz entgegen der bisherigen Anlage der Figur. Er hatte zwar mal einen zarten Traum von Sally. Aber dass sie seine Muse sein würde, darauf deutete nun grad gar nichts hin und nur mit Schuften und Pauken wird man eben auch kein Künstler. Ein Film, der die schöne Schilderung der Figur, mit der er anfängt, mit der öden Spekulation auf ein klischeeiger-geht’s-nimmer-Happy End und dass die Welt wieder in Ordnung sei, billig wegschmeißt, den Protagonisten zum Konformismus bringt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert