Der Film ist in etwa so fantasievoll künstlerisch wie der Künstlername des französischen Regisseurs, der ursprünglich Fontana hieß und sich jetzt Megaton nennt.
Aber ein anderer dürfte weit mehr dazu beigetragen haben, dass dieser Film wie das Produkt einer reinen, hohlen Action-Schreibmechanik wirkt. Es ist Luc Besson, der am Drehbuch mitgeschrieben hat; er dürfte, da er auch der Produzent ist, die groben Storylines aus seinem oft benutzten, wenn nicht etwas abgenutzten Werkzeugkasten herausgeholt haben.
Man muss abwechseln, wenn man immer die gleiche Story erzählen will. Zur Abwechslung machen wir jetzt einmal eine bild- und makellos hübsche Schwarze mit fantastischen Beinen zur Hauptfigur. Eine Frau, um die sich Modelagenturen vermutlich reißen würden. Und dieses Model wollen wir jetzt nicht überfordern, es muss lediglich beweglich sein, aber für das Einsteigen und Durchzwängen durch enge Lüftungsschächte haben wir gewiss ein Body-Double in Reserve. Wir wollen sie nur einmal schauspielerisch an ihre Grenzen führen, wenn wir sie nach endlos und quälend langen 100 Minuten Actionkino ihre Mutter finden und dann einen Gefühlsausbruch spielen lassen. Das wirkt umso komischer, als die Maske der Emotionslosigkeit, die sie sonst aufgesetzt hat, nicht von einem tiefen Need bestimmt scheint, sondern lediglich den Vorgaben des schnell und routiniert zusammengefügten Plottes zu genügen hatte.
Der Plot geht so, denn wie gesagt, Abwechslung innerhalb des Genres soll den Eindruck erwecken, dass es noch lebt: in Kolumbiens Gangstermilieu ist unsere Protagonistin, Cataleya Restrepo, hineingeboren. Als Mädchen kurz vor der Pubertät (von einer Darstellerin entsprechenden Alters verkörpert) musste sie miterleben, wie ihr Vater von konkurrierenden Banden erschossen worden ist. Kurz vorher hatte er ihr noch einen kleinen Chip und eine Visitenkarte mit einer Adresse aus Amerika gegeben. Der Chip sei ihr amerikanischer Pass hat er ihr eingeschärft.
Um dem Film Volumen zu geben, wird jetzt eine ausgiebige Weile lang geschildert, wie dieses Mädchen sich in Bogota zu den Amerikanern durchschlägt, dank der Visitenkarte auch in ein Büro vorgelassen wird, den Chip, den es vorher bei der wilden Verfolgungsjagd in Bogota verschluckt hatte, auf den Bürotisch speit, den Chip aus den ihn einhüllenden Magen-Rückständen rauspuhlt, ihn dem Beamten gibt, der ihn angewidert in seinen Computer steckt und dann die sinnvolle Frage stellt, ob sie wisse, was das sei, worauf sie gut einstudiert antwortet, das sei ihr amerikanischer Pass.
Und schon wird sie in einen Privatjet verfrachtet und ist im Gelobten Land. Sie flieht aus der „Gastfreundschaft“ des CIA. Findet einen Onkel in Chicago. Auf unnötig realistische Verständigungsdialoge bei dieser Reise und dem Zurechtfinden in dem femdsprachigen Land wírd verzichtet. Der Onkel will sie zur Schule schicken. Sie möchte aber Killerin lernen. Lässt sich dann jedoch durch ein merkwürdiges Rumballerexperiment des Onkels überzeugen, dass Schule das Richtige sei. An diesem Punkt ist der Einleitung endgültig die Puste ausgegangen. Jetzt endlich darf das erwachsene Model die Rolle übernehmen. Nach einem Zeitsprung über mehrere Jahre.
Also Kalifornien einige Jahre später. Hier bringt die jetzt erwachsen gewordene Frau mit der amerikanischen Schulbildung, die eingangs erwähnte hübsche Besetzung, ihren ersten Killerjob über die Bühne. Sie rammt ein Polizeiauto und wird prompt in den Knast gesteckt. Mit einer menschenunmöglichen logistischen Meisterleistung bringt sie einen Häftling um und schafft es noch rechtzeitig aus dem Knast zu entkommen, bevor dieser abgeriegelt wird. Ab da folgt Mord um Mord. Alle mit ihrer spezifischen Signatur.
Ihr Gegenspieler, ein schwarzer FBI-Mann, kann sich nicht vorstellen, dass hinter dieser Mordserie eine Frau steckt. Er nimmt Witterung auf. Das zweite Dutzend der Morde ist fast voll. Einmal stehen sich die beiden auch gegenüber. Man hat den Eindruck, Besson findet, er könne einfach alles behaupten, was Menschen zu leisten imstande seien und das Publikum hätte es ihm abzukaufen. Ziemlich unvorstellbar, wie sie die Wohnung des hohen FBI-Beamten so verwanzen und alle Kameras abmontieren und den Stuhl, auf dem er absehbar sitzen würde, mit einer Explosionsanlage in eine tickende Zeitbombe verwandeln kann, um dann den höheren Chef anzurufen, er und seine Familie seien bedroht, und er sitze auf einem präparierten Stuhl. Wo diese hübsche Frau all das Wissen und Können her hat, ist doch zumindest etwas schleierhaft. Oder ist das gar als Hinweis auf das amerikanische Bildungssystem zu verstehen?
Vielleicht verselbständigt sich im Laufe des Erfolges und des Produzierens um des Produzieren willens so eine Genreschreibe und kennt überhaupt keine Grenzen mehr und bekommt das Gefühl, Glaubwürdigkeit sei gar nicht gefragt und ein schnell behaupteter und flüchtig skizzierter Plot angefüllt mit endlosen Action- und Verfolgunggsszenen würde dicke genügen, das Publikum sei ja anspruchslos.
Bis die Killerin endlich ihre Mutter wieder trifft, schraubt sich das Actionspektakel noch um einige Kurven in die Höhe. Action um des Filmvolumens willen. Schön hohl. Schön leer. Schön uninspiriert. Unanimiert und routiniert zugleich.