Crazy, Stupid, Love

Hier soll dem Publikum etwas geboten werden. Erstklassige Konfektionsware von erstklassigen Herstellern mit erstklassigen Zutaten. Mit so einem Film will man weder nach Cannes noch nach Venedig. Mit so einem Film möchte man das Publikum ins Kino locken. Und es zum Lachen bringen. Allerdings nicht auf Teufel komm raus, sondern wie es der Verlauf der Dinge ergibt und wie er es hergibt, wenn auch streng kalkuliert, aber eben an den Massstäben die zur Sache gehören.

Ein bisschen Moral wird auch mitgelierfert, aber höchst subtil dosiert: die Liebe soll bittschön dort verweilen, wo sie hinfällt, womöglich gleich beim ersten „soul mate“ für immer und ewig, so wie es bei Cal und Emily, gespielt von Steve Carrell und Julianne Moore, der Fall war, der Fall schien, bis Emily nach 25 Jahren Ehe plötzlich statt einer Gerichtes aus einer Menükarte die Scheidung wünscht. Ein Hammer.

Aber ohne diesen Hammer, wenn es die Ausflüge aus der ewigen Liebe und die Sucherei nicht gäbe, gäbe es nichts zu erzählen, gäbe es keine Überraschungen, die hier keinesfalls verraten werden sollen, gäbe es keine Pointen weil sonst ja die Menschen nicht fortlaufend in die Irre meinen und in die Irre laufen täten.

Eine Komödie nicht der sensiblen Töne, eher der robusteren Art, bei der auch beinah rituelle Ohrfeigen immer wieder für einen Lacher im Saal gut sind, weil sie eine Art Mechnanik der Hilflosigkeit im Umgang mit dem ever aktuellen Thema Liebe ausdrücken. Und weil eine Ohrfeige vielleicht immer auch erzählt, hey, Mann, wach auf, schau, was Du hast, schau, was Du tust, schau was Du bist. Das erzählt dem rausgeschiedenen Ehemann ein selbsternannter Weltverbesserer und Trainer, ein Weiberer der Sonderart.

Die Liebe fängt schon früh an ihr Ziel auszumachen. Der 13 jährige Sohn des Hauses, der hat sich längst in die 17 jährige Jessica, die gelegentlich zum Hüten kommt, verguckt.

Das einzige was fehlt, ist die Grosselterngeneration. Die haben die Kalkulierer dieses Filmes wohl nicht im Visier gehabt, obwohl die vielleicht eine noch tiefere Komik bis Tragikomik zum Thema hätten beisteuern können, aber als Zielpublikum wurden so wohl für irrelevant gehalten.

Der Film fängt neckisch an, zeigt dass er auf der Anbandelebene spielt. Spiele mit Schuhen unter Tischen, Füsse, die sich nach anderen Füssen und Knöchelchen strecken. Nur unser Protagonistenpaar, die sitzen sinnierend hinter ihren Menükarten, haben die Beine dicht aneinander gepresst und die Schuhspitzen weisen nach hinten direkt auf die Stelle unter dem Po.

Eine schöne Pointe: Cal muss in der Firma, in der er arbeitet aufs Clo gegangen sein und vernehmlich gestöhnt haben. Kommt ein Kollege an seinen Arbeitstisch will ihn aumuntern, indem er von seinen guten Zahlen schwärmt und ihm gratuliert. Cal glaubt, die wissen alle, was los ist mit ihm, ob ihm das jemand erzählt habe; nein man habe ihn nur stöhnen gehört, ob er denn Krebs habe? Ernste, schwierige Frage. Nein, divorce. Allgemeine Erleichterung im Großraumbüro.

Der Name des Bürochefs von Cal, David Lindhagen, der wird allein musikalisch möchte man sagen, zum Running Gag, weil Emily angeblich mit ihm einen Seitensprung hatte. David Lindhagen. So möchte man am liebsten den Film betiteln. Dieser Name erzählt einfach alles über eheliche Treue und Seitensprünge. Auf so einen Namen muss man erst mal kommen. Und auch innerhalb vom Personal, das gut industriell besetzt wurde, spricht sich der Name rum und wird bald zum geflügelten Wort. David Lindhagen.

Natürlich gibt es Ansätze zu ernsthaften Diskussionen über Midlife-Crisis oder wie man zu sich selbst finden könne, aber die Autoren waren klug genug, von solchem nur geringe Prisen reinzustreuen, die Themen mehr zur Gedankenanregung ansprechend denn sie Magenbeschwerden verursachend auszuwalzen.

Aber wie es sich für ein schickes Produkt gehört, das man durchaus auch in Hochglanzmagazinen anpreisen könnte, nicht jeder Film eignet sich dazu, gibt es auch kleine Lektionen in Styling für den chronisch beturnschuhten Cal.

Der Film könnte am Reissbrettt designt worden sein, aber eben kundenfreundlich, mit einer breiten Palette von alltäglichen Nebenthemen, die geschickt eingestreut oder eingebaut werden. Midlifecrisis mit 44, Styling, Literatur.

Es gibt eine komische Elternbesprechung mit der Literaturlehrerin; denn der Junge von Cal und Emily, der hat zur hohen Literatur parktisch nur ein Wort übrig: ASSHOLE.

Auch Witzchen gehören zu so einem Film wie die Petersilie zum Salat; Witzchen also der leichteren Art, die ich immer gleich vergesse, die aber davor bewahren, die Sache auf die allzu schwere Schulter zu nehmen, obowohl das Thema ja nicht leicht ist, die ewige, die einzige Liebe.

Vor lauter Bemühung um Kundenfreundlichkeit ihres Produktes gibt es durchaus auch Stellen, bevor man sich mal Leere zutraute, die wirken wie routiniert runtergehackte TV-Comedy; da amerikanisch aber immer noch passabel.

Ein kleine Raffinesse oder Finesse der Kamera ist mir noch aufgefallen. Sie liebt es, Trennwände ins Bild zu schieben, oder sich hinter solche zu verziehen, um auf diese Weise eine Figur aus dem Bild zu schummeln, eine Figur von der anderen zu trennen, einmal ist es sogar ein kleiner LKW, der wie eine Schiebewand ins Bild gerückt wird. Ein Spiel, das durchaus Sympathie für die Haltung der Macher erweckt, dass sie für sowas Subtiles zu haben sind. Denn Trennung und Liebe sind doch untrennbar miteinander verbunden.

Dass es hier vor allem um die Beziehungsmechanik geht, macht es möglich oder lässt es zu, dass die Schauspieler auch nicht extra figurindividuell spielen, sondern dieses oft mit Grimassen und nervösen Gesten begleitete amerikanische Acting betreiben, was aber nicht weiter stört, das es ja um ein Thema geht, das noch dazu gut gebürstet daher kommt.

Auch die Bestzung, vom reinen Konfektionssschauspieler wie dem Jacob bis zur ziemlich schrägen weiblichen Besetzung der Jessica mit Rossgebiss im nymphenhaften Alter von 17, mit den etwas linkischen Bewegungen und die auch gerne so tut, als habe sie eine Sprechhemmung und dann noch diese geschwollenen Lippen.

Ein reelles Produkt mit guten Unterhaltungsqualitäten.

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