Pina tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren

Ein geschmackvolles Pina-Bausch-Gedenkalbum auf Kinoleinwand und in 3D.

Das Album enthält Tanzausschnitte aus verschiedenen Choreographien von Pina Bausch: wilde, erdige Tänze aus „Le Sacre du printemps“, fröhliche, fast kindliche Wasserspiele aus „Vollmond“, die merkwürdige Fremdheit von Nähe Suchenden im „Kontakthof“ und radikal abstrahiertes und seziertes Paarungsverhalten aus dem „Café Müller“. In diesen Ausschnitten kommt Pina Bausch durch ihr Werk zu Wort.

Es gibt mehrfach dazwischengeschnittene Filmbetrachtungsszenen, ein stilisiertes Publikum, in Tanzahltung sitzend, schaut auf einer Leinwand Szenen, in denen Pina Bausch selbst zu sehen ist in Interviews, bei der Arbeit.

Jedes Ensemble-Mitglied bekommt in diesem Album eine eigene Doppelseite. Auf der einen werden die Tänzer und Tänzerinnen einzeln vor diesem Windhauch von Voile-Vorhang stumm fotografiert, stummes Sein vor der Kamera. Darüber ist ihre Stimme zu hören mit einem sehr persönlichen Satz zu Pina. Auf der anderen Seite widmet jedes Ensemblemitglied Pina ein kleines getanztes Solo an den verschiedensten Locations in Wuppertal, selbstverständlich in der Schwebebahn, in aufgelassenem Industriegelände, Industriebrache, Fabrikhallen, in wildwestähnlicher Abraumhalde, auf einem Grünstreifen zwischen Fahrbahnen, in elegantem Loft, im Park, in moderner Architektur, mitten in der Stadt.

Und immer wieder bildet für kurze Sequenzen das Ensemble eine Art Tatzelwurm, der unaufhörlich mit vor der Brust rhythmisch-zitternd geballten Fäusten sich durch nichts und gar nichts und vor gar keinem Weg aufhalten lässt und strahlend lacht, hier berührt der Tanz die Grenze zur Urgewalt des Archaischen.

Man mag nun Kino als eine Art Fotoalbum mögen oder nicht, man mag 3D mögen oder nicht, man mag Wim Wenders mögen oder nicht, Fakt ist, dass mir nach Durchblätternlassen dieses Albums im Kino der Tanz in den Knochen juckte. Während des Screenings habe ich mich mehrfach gefragt, ob ich diesen Film als Anlass zu einer Reflektion über 3D nehmen soll. Jetzt frage ich mich, ob mir dieser Tanzimpuls auch so in die Glieder gefahren wäre, wenn der Film nicht in 3D gewesen wäre, wenn nicht Wim Wenders ihn so geschmackvoll und stilsicher gestaltet und gleichzeitig sich voll auf das Wesentliche von Pina Bausch, ihrem Ensemble und ihrem Werk konzentriert hätte. Fakt ist aber auch, dass ich die Frage im Moment nicht beantworten kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert