Satte Farben vor Schwarz

Anita und Fred (Senta Berger und Bruno Ganz) sind ein in die Jahre gekommenes  Ehepaar und wohnen in einer Villa in Deutschland. Da sie weder eine Geschichte hinter sich noch eine Zukunft vor sich haben, bieten sie eine denkbar schlechte Ausgangsposition für eine Kino-Erzählung. In diese Non-Exposition hinein erfährt Fred, dass er Prostata-Krebs hat. Das führt zu einer Entfremdung in der Ehe. Wie sich die Partner wieder zusammenraufen, entscheiden sie sich für einen gemeinsamen Exitus. Eine nicht näher einsichtige Story, die auch von ihrer Machart her nicht begründen kann, warum sie ins Kino kommen soll.

Diese Nicht-Story wird zudem in cineastischem Analphabetentum präsentiert.

(Von der Aufwachszene am Anfang, wie der Haarschopf von Senta Berger von ihrem rechten Oberarm verdeckt wird, wie der Arm sich ganz langsam und bedeutungsvoll wie ein Opernvorhang hebt und einen Teil des Diven-Gesichtes freilegt und Senta Berger dann einmal ihren Augenaufschlag im Halbkreis nach oben vorführen darf, was will uns das erzählen und das geht so weiter bis zur Schlussszene nach Einnahme des Trunkes für die Reise ins Jenseits, man wartet schon darauf, Auge zu, dann Lid auf, Augapfel rollt im Halbkreis von innen unten nach oben außen und, man fasst es nicht, einige – lange – Sekunden später, noch ist sie nicht tot, nochmals, diesmal mit dem anderen Auge in die andere Richtung, die Augapfel-Rolle aus der Mitte nach oben, damit jeder das Auge des sterbenden Schwanes nochmal genießen darf, hui, hui!).

Das Kalkül der Regisseurin dürfte gewesen sein, mit der prominenten Besetzung über die extremen Schwächen des Drehbuches und die gänzliche Abwesenheit einer Geschichte hinwegtäuschen zu können – selbstredend schlagen die Stars sich tapfer und redlich mit grosser professioneller Konzentration, die mich an die Konzentration der Priester bei der vom Papst wieder erlaubten lateinischen Messe erinnert.

Immerhin muss man der Regisseurin zugute halten, dass sie dem Bruno Ganz seinen gestischen Altersmanierismus ausgetrieben hat, durchaus zu seinem Vorteil, er darf seine Hände ständig in den Hosentaschen versenken, bis auf die Szene im Garten, wo er seiner Frau die Geschichte mit der Zweitwohnung (er brauche Zeit für sich wegen der Diagnose) erklärt, was ein weder auf Anhieb noch bei weiterer Reflektion einleuchtender Bruch im Rollenduktus bedeutet.

Mit der Annahme dieser Rollen haben sich die beiden Stars keinen Gefallen getan. Sie hätten sich und der Regisseurin mehr geholfen, wenn sie das Buch zurückgewiesen hätten mit der Begründung, den Stoff finden sie spannend, aber solange er dermaßen verquast zugerichtet werde, können sie keine Zusage machen.

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