„Mit dem falschen Ei aufgestanden“ und „angelsäschsisch oder Reeperbahn“ als kontrastierender Charakterisierungen von Hamburg, das sind die zwei wichtigsten Sprüche in diesem Film, denn sie werden zweimal vorgetragen, der Hamburg-Witz sogar einmal von Herrn Bruno Ganz zu Frau Corinna Harfouch, was der Variante gleich noch kostbaren Star-Glanz verleiht.
Weitere wichtige Infos, die dem Film zu entnehmen sind, dass der Unterschied zwischen Altenheim und betreutem Wohnen der ist, dass man bei letzterem sein Bett selber machen muss; einer meint, „ich habe keine Angst vor dem Sterben, ich habe Angst vor dem Dahinsiechen“; einer versucht, sich das Rauchen abzugewöhnen; Gören klauen Sportschuhe und in der Züricher Strassenbahn wird Frau Harfouch nicht bemerkt, nicht weil sie Frau Harfouch ist, sondern weil sie nicht mehr die Jüngste ist („das Alter sieht man nicht“) und diese Jüngsten haben schon ein Problem mit dem Altersunterschied von 18 zu 20; ein schwules Paar bereitet sich umständlich auf den Ausgang, auf eine Party vor.
Die Party, vielmehr die Geburtstagseinladung findet in der Cantina Antinori statt. Frau Harfouch, die Giulia das Geburtstagskind spielt, kann jedoch nicht verschwinden, weil sie nämlich gar nicht erst dort auftaucht.
Frau Harfouch lernt stattdessen in einem Optikergeschäft Herrn Ganz kennen, der noch einige Zeit bis zu seinem Rückflug nach Hamburg hat, was Gelegenheit zu erwähnter Hamburg-Pointe und einem Tête-à-tête in einer feinen Lokalität gibt. Die Geburtstagsgesellschaft kann der Teufel holen.
Da in der Cantina Antinori somit ein Platz frei ist, setzt die Dramaturgie hurtig für einige Szenen Frau Sunnyi Melles darauf, als eine (Film)Dea ex Macchina oder Licht-Double für Frau Harfouch? Wir wissen es nicht.
Von den Gesprächsthemen her dominiert das Sujet „Alter“ oder „Altern“. Zum Beispiel das Altenpflegerwitzchen mit Herrn Rauser. Oder Frau Harfouch meint, sie sei „in einem Alter, in dem man mit Accessoires auf sich aufmerksam machen will“. Schöner Autorensatz fürs Poesiealbum.
In der Cantina Antinori ist an der Wand eine Reproduktion von Botticellis Geburt der Venus, Hinweis auf seit Jahrhunderten nicht verblasste Schönheit und ewige Jugend. Vor diesem Hintergrund nehmen sich die Themen rund um die biologische Uhr, hm, doch etwas angekokelt aus…
Kurzes Aufhorchen an einer Stelle, der Autor muss Thomas Bernhard gelesen haben, denn plötzlich juckt ihn dieser „ich hasse Männerchöre, Frauenchöre, Kinderchöre, gemischte Chöre“, das sagt Frau Harfouch nach der Darbietung des gemischten Chörlis „Amselsingers“ (falls wir diesen Namen richtig verstanden haben), darauf fängt ein Chormitglied an zurückzuwüten „ich hasse Torten aller Art“, aber schon hat den Autor der Bernhard-Mut verlassen und wir sinken zurück in den wohligen und nur allzubekannten Mief alltäglicher Befindlichkeiten rund ums Altern.
Immerhin scheint der Autor fleissig seine Ohren offen und seinen Stift griffbereit gehabt und so einige Bemerkungen mit Wiedererkennungswert zum Thema Altern notiert zu haben: doch Autoren-Sammel-Fleiss und das Verteilen der Texte auf verschiedene Akteure allein garantiert noch keine spannende Geschichte … wie so oft.