Hangtime – kein leichtes Spiel

Hangtime ist im Basketball der Moment des Stillstandes in der Luft, wenn der Spieler den Ball in den Korb einwerfen will, „der Moment, wenn Du in der Luft hängst“. Dieser Bruchteil einer Sekunde des Stillstandes entscheidet über den Erfolg des Einwurfes.

Ein Film also über einen entscheidenden Stillstand. Film kann mit der Zeit spielen. Ein elementares Spezifikum des Films, Zeit dehnen, raffen, stehen lassen. Das müsste einer, der einen Film über die Hangtime macht, vielleicht wissen.

Fussballfilme sind schon schwierig. Aber Basketballfilme scheinen ein Ding der Unmöglichkeit. Zwei Brüder, einer schon gross, der andere noch lockiger Bub, spielen Einwurf. Wer verliert, der muss zuhause den Abwasch machen. Aha, in dem Film geht es um den Abwasch.

Zuhause angekommen erwarten zwei Polizisten die Jungs schon vor der Haustür. Die Eltern sind eben bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Der Lockenkopf darf jetzt einen wohlpräparierten Weinanfall mimen, denn er hat die Tragweite der Mitteilung sofort verstanden. Der ältere Bruder steht bedröppelt daneben, für ihn hat das Drehbuch keine Reaktion vorgesehen. Aha, in dem Film geht es um den Tod der Eltern.

Schnitt. Zehn Jahre später. Die beiden Brüder scheinen sich gut arrangiert haben mit der Waisenkindsituation. Der Ältere spielt den Erzieher und Förderer des Basketballtalentes seines jüngeren Bruders. Alles in Butter. Aha, das Problem mit dem Tod der Eltern hat sich wunderbar gelöst.

Der ältere Bruder möchte aus dem Jüngeren einen Profi machen. Aber der Jüngere möchte sich für eine amerikanische Universität bewerben und sein Studium dort als Basketballer verdienen. Aha, in dem Film geht es um Studium oder Basketballkarriere. Ist das ein Zwiespalt?

Auch ohne weitere Probleme oder Hindernisse bahnt sich ein Liebesverhältnis zwischen dem jüngeren Bruder und dem Weibchen aus dem Internetladen an. Aha, in dem Film geht es um die erste Liebe.

Und so weiter mit dem bunten Themenanreissen und wieder aus den Augen verlieren.

Zum Beispiel eine Geschichte mit einem abgezwackten Finger anlässlich des Knackens eines Zigarettenautomaten und dem Versuch, daraus einen Versicherungsfall zu machen, um mit der Prämie, ach wie romantisch, eine CD aufzunehmen. Hangtime im Hirn des Zuschauers. Um was geht es in diesem Film überhaupt?

Wenn gegen Ende der Hero in einem Gespräch findet, „für mich ist das alles ganz schön kompliziert“, so glaubt man den Drehbuchautor zu hören, der mit sich selbst nicht ganz einig war, was er nun erzählen wollte und warum der Moment der Hangtime für ihn so wichtig war, denn kinematographisch nutzt er ihn überhaupt nicht.

Es gibt ein paar nachgeschobene rationale Erklärungen. Dass nämlich der ältere Bruder wegen dem Todesfall der Eltern seine eigene Basketballkarriere aufgegeben hat, die Schule auch, und dass er das wieder gut machen wollte mit dem Promoten seines jüngeren Bruders. Das wäre vielleicht ein interessante Geschichte geworden, gleich nach dem Todesfall der Eltern einzusetzen, diesen zerstörerischen Prozess zu verfolgen, den Verlust der Träume; Taxifahrer statt Basketballspieler. Nichts davon.

Im übrigen scheint sich der Film mit Lautstärke, schnellen Schnitten und einer überflüssigen Hip-Hop-Gruppe an die jüngeren Zuschauer ranschmeissen zu wollen. Dass die sich das bieten lassen, scheint eher unwahrscheinlich, da sind sie von Youtube, was Lebendigkeit betrifft, bedeutend verwöhnter.

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