Es ist im Moment gesellschaftlicher Konsens, Filme über Terroristen zu machen. Das kommt gut an bei den Redaktionen. Erst recht, wenn Iris Berben Judith Hofmann, die Ex-Terroristin, gibt.
Hier ist immerhin der Plot auf einen Satz zusammenzufassen, aber das wars dann auch schon. Frau Hofmann, besagte Iris Berben, ist nach Banküberfällen und einem Mord abgetaucht, hat im Elsass ein neues Leben aufgebaut, hat einen Winzer geheiratet, ist Aktivistin in einer Umweltschutzvereinigung (glaubwürdig?), aktuell gerade gegen Genmais.
Ihre terroristische Vergangenheit holt sie ein in Form einer ihrer Töchter, die sie beim Untertauchen zurücklassen musste. Diese wird gespielt von Katharina Schüttler, Alice heisst sie im Film, eisern-verschlossenes Gesicht, gut geformt, sehr deutsch, bei den Gängen immer die Arme am Körper angelehnt, wer weiss, wer ihr das gesagt hat.
Diese Tochter resp. diese von Frau Hofmann im neuen Leben verschwiegene Vergangenheit, platzt also bei Winzers rein.
Jetzt müsste nur noch eine Geschichte daraus gemacht werden. Zu früh wollen wir das düstere Geheimnis nicht ans Licht bringen. Das geht folgendermaßen.
Wir stellen Frau Berben mit ihren Umweltschützern vor. Heile Heilerwelt. Dann stellen wir Alice vor, die Tochter, wie sie einen Typen auf einem Autobahnparkplatz bumst, einen netten Jungen, die daraufhin sein Zeugs rausschmeisst, während er pinkeln geht, und ihn zurücklässt.
Sie ist also eine Gestörte. Das haben wir kapiert.
Diese Gestörte hat die Mutter aufgespürt und will sie nun herausfordern.
Sie taucht unvermutet bei Winzers auf, quartiert sich als Gast ein.
Erst müssen diverse Szenen erfunden werden, Frühstücks- und Essenszenen, bei denen die Dramatis Personae zusammenkommen. Das Problem ist allerdings, dass dann mit viel Spass und Gejuchze auch mal Sekt geöffnet werden muss, irgendwelche Füllgespräche erfunden werden, kostbare vertane Kinozeit, bis endlich ein Gespräch Mutter-Tochter zustande kommt.
Dazwischen erscheinen ohne jede dramaturgische Begründung die Großeltern des Winzers, Franzosen… Es folgen typischen Auslegeordnungen bürgerlicher Szenen deutscher Filmemacher und Filmemacherinnen, so, wie sie sich die Deutschen (und hier auch die Franzosen) so etwas eben vorstellen.
Der Film fängt an, eine Drehbuchwerkstatt haben wir auch besucht, mit dem Voice-Over-Text einer Frauenstimme, die über das Wasser, das den Fluss runterfliesst, räsoniert und den Weg umgekehrt gehen möchte. Zu guter Letzt kotzt Frau Berben am Fluss ihren Mageninhalt (oder ihre Vergangenheit) aus: frisch gereinigt muss sie nun entscheiden, in welche Richtung sie gehen wird. Der Fluß fliesst abwärts…