Wie Pech und Schwefel …

In Büchern, Filmen und anderen Medien werden Journalisten gern als Vierte Gewalt gesehen, unwirsche Einzelkämpfer, als Menschen, die sich in Stories verbeißen und nicht mehr loslassen, die ihre Quellen nicht preisgeben, Geheimnisse mit ins Grab nehmen, sich nicht in die Karten schauen lassen und über spitze Ellenbogen zum Kampf gegen die Konkurrenz aus den eigenen Reihen verfügen. Zwischen den Zeilen kommen Journalisten in der Fiktion meist als verschlagen, zielstrebig, gnadenlos und meist nur der guten Sache dienend rüber.

Auch wenn dieses Image vielleicht für Entüllungsjournalisten vom Schlage eines Bob Woodward und eines Carl Bernstein gelten mag, so kann doch bei der großen Mehrzahl der Kollegen nicht davon ausgegangen werden, dass sie nicht unbedingt jedes Fitzelchen Information, das ihnen zugespielt wird, bedingungslos für sich behalten. Um es mal sanft auszudrücken. Denn Journalisten haben sich meist deshalb überhaupt erst für ihr Berufsfeld entschieden, weil sie über ein gewisses Sendungsbewusstsein verfügen.

Jüngst erreichte mich diese Mail eines Pressebüros:

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

aufgrund einer Anfragen von Kollegen, dass am kommenden <Datum> eine Pressevorführung zu <Film> sattfinden soll, möchte ich Sie darüber informieren, dass dieser Termin, der auch eigentlich noch nicht kommuniziert wurde, wegen der Startverschiebung des Films auf den <Datum> ebenfalls verschoben wurde.

Da es schon eine erste PV im <Monat> gab, wird die <> Pressevorführung wohl frühestens <Monat> stattfinden. Der genaue Termin wird Ihnen baldmöglichst mitgeteilt.

Wir bitten um Ihr Verständnis,

Ein Termin, der also noch nicht kommuniziert wurde, hatte also die Runde gemacht. Dies ist überhaupt nicht verwunderlich, weil Journalisten (zumindest Filmjournalisten) sich seit jeher über Termine austauschen, was nichtmal ein großes Geheimnis ist. Doch scheinbar scheinen manche Filmverleiher und Marketingbüros dies stets aufs neue für ausgeschlossen zu halten und anzunehmen, dass man die Kollegen bequem in untereinander dichthaltende Gruppen aufteilen kann. Sie reagieren pikiert und bisweilen empört, wenn Leute Termine wissen, die das eigentlich nicht sollten.

Jedenfalls hat in diesem Fall die Anfrage eines Kollegen (wahrscheinlich, ob das Termin-Gerücht denn stimme), offenbar zu einigem Erstaunen und schließlich sogar zu einer Stellungnahme gegenüber den Journalisten geführt.

Ich frage mich oft, was für Welten da bei so einer Pressevorführung aufeinandertreffen. Rein menschlich verträgt man sich ja meist sehr gut untereinander. Doch sind die Typen, die gemeinsam so eine Pressevorführung bestreiten, grundverschieden:

  • Der Filmjournalist, für den diese Veranstaltung überhaupt anberaumt wurde, wird über den Film schreiben.
  • Der Boulevardjournalist, für den ebenfalls die Veranstaltung angesetzt wurde, schreibt auch über den Film, doch eher über die Leute, die darin mitspielen, oder guckt ihn nur zur Vorbereitung für ein Star-Interview. (Viel deutlicher trennen sich diese Journalistentypen übrigens bei Interviews und Filmpremieren. Boulevardkollegen stellen im Interview definitiv nicht dieselben Fragen wie Filmjournalisten. Auch gehören manche Kollegen mal zu diesem, mal zu jenem Lager, je nach Auftrag und Kunde).
  • Das Pressebüro führt die Veranstaltung durch und fängt nach dem Film erste Meinungen ein, um zu „reporten“.
  • Die Sicherheitsleute und Garderobenkräfte leisten guten Service und „gehören“ nach einigen Terminen natürlich ebenfalls „dazu“. Man lernt sich ein wenig kennen und schäkert halt ein wenig. Da läuft das Gefummle in der Arschfurche beim Abtasten auch gleich viel lockerer.
  • Und natürlich gibt’s da noch die Leute vom Kino, ohne die schonmal gleich gar nichts gehen würde. Die kennen alles und jeden und sind sowieso stets hilfsbereit und zuvorkommend. Ihre Motivation besteht darin, einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung im zeitlichen Rahmen hinzubekommen. Mit ihnen leiden alle, wenn die Kopie sich um einige Stunden verspätet.
  • Manchmal kommt auch jemand vom Verleih, doch meistens halten sich diese Besucher eher im Hintergrund.
  • Ganz selten taucht auch mal ein Crewmitglied auf, um zu sehen, wie der Film ankommt, aber das bemerkt man vielleicht viermal im Jahr.

Die Motivationen der Gruppen ist grundverschieden: Feuilletonisten wollen über den Film schreiben und dem Leser (hauptsächlich den Cineasten unter ihnen) eine kompetente Einschätzung vermitteln, Boulevardkollegen wollen (oder müssen) über Klatsch, Tratsch und Stars schreiben (was ich persönlich übrigens für uninteressant halte), und ein Pressebüro will seinen Auftrag möglichst exakt nach den (natürlich supergeheimen) Vorgaben durchführen.

Kein Wunder, dass es da immer wieder zu Aha-Erlebnissen wie diesem kommt. Während der Journalist sich oftmals dem skurrilen Aha-Erlebnis gegenübersieht, zu einer eigentlich für seinesgleichen angesetzten Veranstaltung ohne wirkliche Begründung nicht eingelassen zu werden, gab es hier eben offenbar ein solches Erlebnis für die „andere Seite“, dass nämlich Termine gegenüber der Presse nicht geheimgehalten werden können.

Journalisten halten untereinander immer stärker zusammen als die Bindung zwischen diesen Welten sein kann. Auch wenn zu einem supergeheimen Termin tatsächlich nur die geladenen Gäste auftauchen, kann man davon ausgehen, dass wenigstens die dreifache Anzahl von Kollegen im Vorfeld davon erfahren hat (und etwas angefressen sind, dass sie nicht dabei sein durften). Das ist Networking vom Feinsten.

Ein Gedanke zu „Wie Pech und Schwefel …“

  1. hm, hm, ein Pressebüro, das sich Journalisten offenbar weder neugierig noch kommunikativ vorstellen kann, interessant, interessant,…was kann denn Zweck und Ziel nur eines solchen Pressebüros sein?

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