Berlinale 2009: Zu teuer für Journalisten?

Wer sich als Journalist zu einer Veranstaltung akkreditiert, geht normalerweise eine Art unausgesprochene Abmachung ein: Der Veranstalter läßt den Journalisten ein, dieser wiederum berichtet darüber. Natürlich steht dem Journalisten frei, positiv, neutral oder negativ zu berichten.

Manchmal fallen sogenannte Akkreditierungsgebühren an, also Kosten, die auch der Journalist für sein „Ticket“ zu bezahlen hat. Das ist üblicherweise eher selten der Fall, denn der Veranstalter will ja was vom Journalisten (nämlich Publicity). Da kommt eine Art Eintrittsgebühr nicht so gut.

Manche Veranstaltungen sind so groß geworden (nicht zuletzt dank der Pressearbeit vieler fleißiger Journalistenhände in vielen nächtlichen Stunden), dass sie nun von alleine laufen und nur noch „erhaltende“ Publicity brauchen.

Nun hat die Berlinale mal eben unter anderem die Akkreditierungsgebühren für Journalisten von 40 auf 60 Euro angehoben. Das ist ein Plus von 50%, was zum Beispiel bei einem Mietvertrag schonmal gar nicht möglich wäre.

Nicht, dass 60 statt 40 Euro nicht auch noch irgendwie zu berappen wären, es geht hierbei um etwas völlig anderes: Die Journalisten kommen zum Festival, um dort zu arbeiten. Wer bitte ist sonst noch blöd genug, Eintritt für den eigenen Arbeitsplatz zu bezahlen? Gerade im Filmjournalismus wird die Arbeit des Journalisten gerne mit Spaß verwechselt, den ein Kinobesuch ja auch privat machen kann. Es ist fast so, als wäre Arbeit über den Spaß definiert: Je mehr Spaß man an etwas hat, desto weniger ist es als Arbeit anzusehen.

Die bisherigen Akkreditierungskosten waren ja noch irgendwo verständlich: Auch der Journalist vor Ort verursacht Kosten, das Pressezentrum bezahlt sich nicht von selbst, und die technische Ausstattung für Datenkommunikation installiert sich auch nicht von selber. Auch wenn das im Grunde nicht wirklich die Sorge des Journalisten ist, nimmt dieser zähneknirschend die Akkreditierungsgebühr in Kauf, zumindest die von 40 Euro.

Bei „mehr als 4000 Medienvertretern“ aus aller Welt nimmt das Festival also bei einer Akkreditierungsgebühr von 40 Euro bereits rund 160.000 Euro ein, und bei 60 Euro werden es im kommenden Jahr 240.000 Euro sein. Für knapp eine Viertelmillion Euro kann man eine Menge Hostessen für die 10 Tage des Festivals buchen und ein paar WLAN-Router sind sicher auch noch drin.

Nun hat sich der VdFk zu Recht über das Thema aufgeregt und diesen offenen Brief verfasst:

VdFk fordert Rücknahme der hohen Presse-Akkreditierungsgebühr

Der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) fordert die Berlinale auf, die massiven Erhöhungen ihrer Akkreditierungsgebühren zurückzunehmen. Journalisten sollen in künftig 50 Prozent mehr bezahlen (60 statt 40 Euro). Diese Anhebung ist weder in ihrem Ausmaß, noch in ihrer Substanz nachzuvollziehen.

Die Berlinale erklärt die Erhöhung mit gestiegenen Kosten für Sonderleistungen für ihre Besucher, u.a. die Einrichtung des Schreibraums, Server-Kapazitäten fürs Herunterladen, Vorhalten einer WLAN-Verbindung. Der VdFk bezweifelt, dass dies eine Erhöhung rechtfertigt. Eine wachsende Anzahl von Journalisten nimmt diese Dienste gar nicht mehr in Anspruch, da sie mit ihrer eigenen Ausrüstung nach Berlin kommen; die WLAN-Verbindung war zudem immer separat kostenpflichtig. Das gleiche gilt für zentrale Arbeitsmaterialien wie den Katalog, der bei anderen Festivals, die Gebühren erheben, gratis erhältlich ist.

Es drängt sich somit der Verdacht auf,  dass das Festival auf Kosten der Berichterstatter sein Budget entlasten will, das durch immer neue Seitenveranstaltungen aufgebläht wird. Vor allem freie Kollegen werden in diesen Tagen durch die Sparmaßnahmen der Medien mit drastisch sinkenden Einnahmen bei kontinuierlich ansteigenden Lebenshaltungskosten konfrontiert. Als Konsequenz werden immer mehr Kritiker Berlin fernbleiben. Das kann nicht die Absicht der Filmfestspiele sein.

Der Vorstand

Eine Anmerkung noch: Ich bin wahrlich nicht so ein Schmarotzer, der sich mit Hilfe des Presseausweises wichtig macht und überall kostenlos Einlass finden und sich am Buffet durchfressen wil. Solche Leute gibt es, am ehesten dort, wo es einfach ist, an einen Presseausweis zu kommen. Aber die sind keine Journalisten, sondern Opportunisten, zumindest, wenn sie nicht berichten.

3 Gedanken zu „Berlinale 2009: Zu teuer für Journalisten?“

  1. … Irgendwie passt es da doch ins Bild, dass die Akkreditierungsmodalitäten zunehmend undurchsichtiger werden. Eine freie Kollegin, die seit Jahren von der Berlinale berichtet, hat für 2008 die notwendige schriftliche Auftragsbestätigung rechtzeitig vorgelegt, allerdings diesmal von einer anderen, als die Jahre zuvor. Prompt wurde ihr trotz üppiger Nachweise ihrer Tätigkeit die Akkreditierung verwehrt, weil keine neue Redaktion akzeptiert wurde, weil die „Internationale Nachfrage so gestiegen sei“. Mir ging es dieses Jahr genauso. Da verkennt man doch die Arbeitsrealität von Freien, die sich halt nur über eine Redaktion akkreditieren können, tatsächlich aber für viel mehr Abnehmer, wo immer es sich anbietet, Berlinaleberichte verfassen, bzw. „Namedropping/Promo“ leisten.
    Offensichtlich will die Berlinale eine möglichst üppige tagesaktuelle Presse, und da sind ihr noch so unbekannte, obskure Filmfan-Webseiten lieber, als im Lauf eines Jahres, zum Beispiel über die Filmberichterstattung in Stadtmagazinen, immer wieder ins Gedächtnis gerufen zu werden, wenn etwa ein herausragender Programmpunkt auch regulär im Kino anläuft. Mit anderen Worten, der Berlinale geht es nur noch um Event-Berichterstattung, nicht um länger frstige Präsenz in Medien, die sich regelmäßig intensiv dem Thema Film widmen.
    Das ist mir nicht nur zu teuer, sondern auch zu billig.

  2. … Also in Cannes gibt es keine Akkreditierungsgebühr, trotz mindestens 4000 Journalisten und Fotografen. Das Pressezentrum und WIFI läßt man sich sponsern (vom Telekommunikationsanbieter Orange). Eine Gebühr für die Presse ist generell überhaupt nirgends notwending, da sich Veranstalter sogar die Lanyards zum Umhängen von Sponsoren bezahlen lassen.
    Einziges „Problem“ in Deutschland sind die tausendfachen Presseausweise, die von zig seriösen und unseriösen Verbänden und Vereinen ausgestellt werden. Aber die Berlinale kann diesem Problem Herr werden, indem die Akkreditierungsrichtlinien entsprechend „verschärft“ werden.

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