Ist denn gar nichts mehr heilig?

Nichts gegen die werten Kollegen, aber man sollte doch beim Schreiben von Reviews tunlichst vermeiden, den Lesern das Filmvergnügen zu rauben. Es ist zum Beispiel schlimm genug, dass man durch das Internet schon vorher weiß, welchen Trailer man gleich sehen wird. Jeglicher Twist ist da von vorneherein ausgeschlossen.

Nun hat Spiegel Online Indy 4 in Cannes gesehen. Die Review samt Titel verrät leider ungefähr alles, was der Leser nicht wissen sollte (hier, aber bloß nicht klicken, wenn man unwissend bleiben will). Dabei handelt es sich nicht einmal um eine klassische Filmkritik, sondern lediglich um eine Meldung, dass die Premiere stattgefunden hat, es eine Pressekonferenz gab und was die Hollywood-Milliardäre so geantwortet haben. Der Filminhalt von Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull wurde lediglich zur Füllung der Meldung verwendet.

Bei (Firmenname in Umfirmierung) biete zwar auch ich die unsäglichen Spoiler an, zumindest bei einigen Filmen, allerdings versehen mit einem Warnhinweis und ausschließlich zum besseren Filmverständnis für Kollegen, die den Film nicht sehen konnten, aber dennoch eine kompetente Review schreiben / lektorieren müssen / wollen. Aber einfach so alle Geheimnisse, die jeder Zuschauer für sich mit Dr. Jones zusammen im Kino lüften möchte, nachdem man fast 20 Jahre auf eine Fortsetzung gefiebert hat, einfach rauszublasen, um seinen eigenen Text zu verlängern, ist ganz schlechter Stil.

Liebe Kollegen vom Spiegel: Schickt doch einfach mich nach Cannes nächstes Jahr, wie wäre das?

Bei so einer Moral erscheint ich die Entscheidung der Verleiher, die Filme der Presse nur noch ganz knapp vor Start zu zeigen, in einem ganz anderen Licht. Ich unterschreibe gern eine Anti-Spoiler-Vereinbarung (gegenüber der Öffentlichkeit, nicht bei (Firmenname in Umfirmierung)), wenn ich dann die Filme früher sehen kann.

Nachtrag: Auch beim Hollywood Reporter nimmt man kein Blatt vor den Mund. Argh. Das ist nicht der Journalismus, den ich richtig finde. Solche Reviews sollten erst nach dem Filmstart erscheinen, damit Cineasten wenigstens eine dünne Chance haben, einen Film ungespoilt zu sehen.

Noch ein Nachtrag: Nachdem die Presse den Film nun gesehen hat, habe ich meine Meinung geäußert (Spoilerwarnung!), und in den Nachträgen jenes Beitrags (insbes. #2 und #3) berichtet, wie ich auf die Erwklärung für die negative Erwartungshaltung gestoßen bin. Follow the white Rabbit.

2 Gedanken zu „Ist denn gar nichts mehr heilig?“

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