Im Googlewatchblog habe ich einen offenen Brief des Schwulenforums Gay Romeo gefunden. Der Autor beschwert sich bei der Geschäftsführung von YouTube (also Google) über das mehrmalige Löschen von – nicht Videos, nein, ganzen Accounts! – mit Videos, die laut seiner Aussage „komplett jugendfrei“ waren. Nur schwul eben.
Was war da passiert? Möglicherweise ist der Account automatisch gelöscht worden, weil im Namen aller Wahrscheinlichkeit nach das Wort „gay“ vorgekommen ist. Möglicherweise wurden die Accounts jedoch auch mit voller Absicht der Betreiber von YouTube gelöscht. Egal, welche Alternative hier zutrifft (denn was hat „gay“ auf der Zensurliste zu suchen??), so geht’s ja wohl nicht.
Sicher kann man nicht für eine ganze Nation (und somit für deren Unternehmen und dessen internationale Filialen) sprechen, doch bei Attributen wie Prüderie, Empörung (echte, aber auch gespielte, angeheizte usw.), Echauffierung und übermäßigem Schutz der Bevölkerung (vermeintlich verlangtem auf der einen sowie tatsächlich verlangtem auf der anderen Seite) springt einem aus der eigenen Erfahrung doch immer wieder die USA ins Auge. (Wie kann das mit der ach so groß geschriebenen absoluten Freiheit einhergehen? Das hab ich nie verstanden.)
Jack Nicholson antwortete seinerzeit auf der Pressekonferenz zu As Good As It Gets (mit dem ein noch sichtlich schüchterner Greg Kinnear in seine Karriere eingeführt wurde) auf die Frage eines Kollegen, wie er zur Clinton-Lewinsky-Affäre stünde, ziemlich exakt in diesem Wortlaut: „What good is a President who doesn’t fuck?“
Nun, nach Janet Jacksons Nipplegate-„Skandal“ (engl.) (inkonsequenterweise sehr wohl auf YouTube zu finden, doch muß man sich zum Angucken einloggen und sein Geburtsdatum bestätigen; Sicherheitsmaßnahmen, als würde man einen Atomreaktor betreiben, und alles nur für ein paar Pixel Titte!) wurde ja zum Fluch-Schutz für die arme, unbeleckte Amerikanische Öffentlichkeit und vor allem die Kinder, ach je, die Kinder, so ziemlich alles, was mal live übertragen werden sollte, um Sekunden verspätet übertragen, damit sich „Patzer“ noch raus*bleep*en ließen. Völlig lächerlich. Wie die Löschung eines Schwulen-Channels bei YouTube eben. Noch lächerlicher allerdings die offensichtliche Weigerung von GooTube, (bis jetzt) auch nur dazu Stellung zu nehmen.
Ich kann, obwohl ich stock-hetero bin, den Jungs vom anderen Ufer jedoch nur meine wärmste Solidarität bekunden und sie in diesem nicht unwichtigen kleinen Streit moralisch unterstützen. Sie kämpfen an einer der vielen Fronten, an denen derzeit von außen an Phantásien unserer Freiheit geknabbert wird. Diese überall voranschreitende Invasion der hier-und-da-Zensur in Kombination mit dem Generalverdacht der Vorratsdatenspeicherung kann ich, übrigens selbst ein Opfer der bisher eher laxen Überwachungsmöglichkeiten (mehr dazu zu gegebener Zeit), einfach nicht gutheißen.
Und mal abgesehen davon, das Weihnachtsvideo der Bear Force One, das auch entfernt worden ist, ist doch echt zum Quietschen – und die sexuellen Anspielungen nun wirklich harmlos!
Wer dem Ganzen noch mit Galgenhumor gegenübertritt, ist Jimmy Kimmel, der jede Woche Audio und oder Video zensiert, was mitunter zu ganz neuen Bedeutungen führt. Dies mag lustig anzusehen sein, hat aber einen wahren Kern. Und der darf keinesphalls außer Acht gelassen werden. Hier ein Beispiel, mehr bei Milk & Cookies:
Übrigens: Damit eventuelle (selbsternannte) Sittenwächter hier auch auf ihre Kosten kommen, hab ich im Text ein paar kleine, plumpe, teilweise homoerotische Doppeldeutigkeiten versteckt und zur leichteren Auffidung kursiv gesetzt. Bin gespannt, wann ich Post bekomme, wegen der Unsitte mangelnder Eigenzensur. Und hier noch der Originalbrief auf Gay Romeo.
Interessant finde ich auch, dass da offenbar „schwule Inhalte“ bzw. entsprechende Accounts gelöscht worden sind, es aber auf YouTube nur so von heterosexuellen (und anderen) Obszönitäten und Schweinkram nur so wimmelt…!? Ähm, das hab‘ ich zumindest von jemandem gehört, der da jemanden kennt, der…ach egal… 😉
wer
„Da ich des lächerlichen Gezerres um DiD jetzt endgültig leid bin, schließe ich hiermit die Kommentarfunktion in diesem Thread. Bis ich das in WordPress selektiv für diesen Post eingestellt habe, werde ich alle zukünftigen Kommentare manuell löschen. Ausnahme: Pit oder Anschi G. wollen ihre Identitäten preisgeben, oder es gibt Reaktionen von Seiten des BR bzw. des Freistaats Bayern“
postet, der sollte nicht im gleichen atemzug etwas wie
„Ich kann, obwohl ich stock-hetero bin, den Jungs vom anderen Ufer jedoch nur meine wärmste Solidarität bekunden und sie in diesem nicht unwichtigen kleinen Streit moralisch unterstützen. Sie kämpfen an einer der vielen Fronten, an denen derzeit von außen an Phantásien unserer Freiheit geknabbert wird. Diese überall voranschreitende Invasion der hier-und-da-Zensur in Kombination mit dem Generalverdacht der Vorratsdatenspeicherung kann ich, übrigens selbst ein Opfer der bisher eher laxen Überwachungsmöglichkeiten (mehr dazu zu gegebener Zeit), einfach nicht gutheißen“
verlautbaren. jaja, julian, da pack dich mal an deiner eigenen nase.
übrigens – aus der staatskanzlei kam inzwischen antwort: zuständig für mist wie „dahoam is dahoam“ wäre der rundfunkrat, in dem dr. beckstein seit november vorigen jahres aber keinen sitz mehr hat. sein nachfolger ist innenminister herrmann. der wird sich, so hieß es, der sache annehmen. ganz gleich, was er mir antworten wird: du darfst sicher sein, dass alles, was mit diesem missratenen format zusammenhängt und öffentlich zu machen ist, von mir in die (noch nicht völlig verblödeten) medien gebracht werden wird. und das wird, das darf ich dir versichern, für manchen doch ziemlich peinlich sein.
das wollte ich dir nur noch rasch mitgeteilt haben, weil der ganze thread zu „dahoam is dahoam“ ja anhang des verfahrens ist. meine persönlichen daten werde ich hier keinesfalls preisgeben, weil ich sowohl meine privatsphäre als auch die meiner schule vor irrlichtern schützen möchte. an einem weiteren dialog mit dir oder deinesgleichen bin ich zudem nicht interessiert – er böte nichts, was der zeit oder der mühe wert wäre.
@ Anschi Guggemos:
1.: Daß ich ein „Opfer der bisher eher laxen Überwachungsmöglichkeiten“ sei, hat sich nicht auf den DiD-Flamewar bezogen. Der ist harmlos gegenüber dem, was ich erlebt habe. Wie gesagt, mehr dazu später.
2.: Schön, daß die Staatskanzlei geantwortet hat.
3.: Ich bin absolut einverstanden, den Dialog mit Dir an dieser Stelle zu beenden. Also: Auf Nimmerwiedersehen.