Am gestrigen Mittwoch gab es die Pressevorführung zu Sean Penns Into the Wild. Ein sehr beeindruckender Film, sofern man die Hintergründe kennt. Kennt man diese nicht (so wie ich vor der Vorführung), hat man während des Films einen völlig anderen, und zwar völlig falschen Eindruck.
— Ab hier Spoiler! —
Die Handlung des Films ist bestechend einfach: Ein junger Mann, aus sicheren Verhältnissen stammend, und gesegnet mit einer ordentlichen Portion Hirnschmalz, beschließt, das College noch zu Ende zu machen und dann der verhaßten, spießigen und sinnentleerten Gesellschaft seiner Umgebung (dies erstreckt sich praktisch auf ganz Amerika) den Rücken zu kehren und seinen inneren Frieden in der weiten Natur zu suchen. Nach ersten Erfahrungen abseits der Zivilisation verwirklicht er seinen großen Traum, sich in den Weiten Alaskas mit der Natur zu messen. Er läßt sich in der Einsamkeit aussetzen, wandert einen Tag geradeaus und entdeckt einen verlassenen Bus, den er als Wohnstatt nutzt.
Nach einigen Monaten, von Hunger geplagt, vergreift er sich bei der Suche nach einer eßbaren Wildpflanze und stirbt wenig später an den Folgen einer Vergiftung.
Als Ergebnis einer dramaturgischen Konzeption ist der Film leider unbefriedigend: Das inkonsequente Verhalten der Hauptperson, Christopher McCandless, ist für den Zuschauer nicht leicht nachvollziehbar: Zum einen verachtet er die Gesellschaft und ihre Errungenschaften (so z.B. Geld, aber auch Bequemlichkeiten wie Socken oder Statussymbole wie Autos), zum anderen nimmt er aber ein Gewehr und ein Messer mit in die Wildnis, ebenso einige Nahrungsmittel, und nutzt den Schutz eines verlassenen Busses samt Kanonenofen und ordentlichem Bett für seine Wildnis-Erfahrung. Ein echter Rüdiger Nehberg hätte sich dahingegen nackt über dem Dschungel abwerfen lassen.
Das Verhalten von Chris McCandless erinnert eher an das eines für einen halben Tag von zuhause ausgerissenen trotzigen Teenagers, extrapoliert bis ins Extrem, denn an das eines gebildeten Lesers der Philosophen und der Klassiker. Die im Film erzählte Geschichte trägt sich selbst nicht, die Hauptperson ist unrealistisch oder zumindest schwer nachvollziehbar – bis zum Nachspann. Denn dort erfährt man plötzlich, daß es sich um eine wahre Geschichte gehandelt hat.
Rekapituliert man das Erlebte nun unter diesem Aspekt, erscheint der Film in einem völlig neuen Licht: Da die Person des Christopher McCandless durch den biographischen Aspekt bei der Verfilmung nicht angetastet werden durfte und sein Verhalten auf andere Weise beurteilt werden muß, kommt die Aussage des Films viel stärker zum Tragen: Die Suche nach der inneren Freiheit, nach dem Gefühl der Verwurzelung der eigenen Existenz in der Natur trifft einen im Nachhinein, mit dem Wissen um die Realität der Geschichte, viel stärker als unter der Annahme, daß es sich um einen frei erfundenen Film handelt.
Der Drang des jungen, wilden Mannes nach Freiheit, seine geradezu fanatische Getriebenheit und sein abruptes Ausscheiden aus dem Gefüge seines dysfunktionalen sozialen Umfelds und sein geradezu eingefordertes Scheitern beeindrucken bei Kenntnis der Realität der Geschichte umso mehr. Sein inkonsequentes, uneinheitliches Wesen ohne Veränderung über den Film hinweg ist nun plötzlich egal, nein, sogar ein weiterer Anlaß zum Grübeln, eine neue Ece oder Kante des Films.
Ich habe mich ein wenig eingelesen in die Biographie des Christopher McCandless. Sein Leben scheint im Film real genug wiedergegeben worden zu sein, doch den Aussagen der Informationen, die man online so finden kann, muß der junge Mann ziemlich blauäugig gewesen sein: Daß man nicht völlig unvorbereitet in die Natur geht, lernt jeder kleine Bayer schon vor der ersten Bergtour, wie jeder kleine Hanseat das sicherlich auch vor der ersten Wattwanderung erklärt bekommt. Auch scheint er bei seinem Aufenthalt in Alaska nicht besonders weit herumgekommen zu sein, denn in der näheren Umgebung seines Busses gab es sogar eine Materialseilbahn über den Fluß, die seine Rettung bedeutet hätte.
Es ist offenbar, daß die Geschichte des Christopher McCandless, im Film wirklich beängstigend gut dargestellt von Emile Hirsch (zumindest stellt man sich das Original so vor), in Amerika schon lange in das allgemeine Kulturgut übergegangen ist (nicht zuletzt durch den gleichnamigen Roman von Jon Krakauer von 1997) und daher kaum eine Erklärung vorab braucht.
Doch ich fürchte, auf dem hiesigen Markt täte ein „nach einer wahren Geschichte“-Titel vor dem Film dringend Not, um die Emotionen der Zuschauer schon zu Beginn subtil, aber nachhaltig auf die richtige Spur zu setzen. Wenn der Verleih diese kleine Ergänzung vornehmen könnte, wird die Akzeptanz des Films sicher eine andere sein als ohne diese Änderung. Denn nur die wenigsten Zuschauer dürften den Nachspann lesen und noch weniger mit der Biographie dieses jungen Wilden auch nur ansatzweise vertraut sein.
Dieser Schritt sollte sich meiner Meinung nach lohnen, denn Into the Wild ist, wenn man die Geschichte besser annehmen kann, ein wirkliches Kinohighlight. Man glaubt wirklich den Wind zu spüren, der über die weiten Ebenen der Wildnis streicht.
PS.: Zum Glück war die Szene mit dem Elch ein Effekt, wie ich hier gelesen habe. Bei einem echten Tiermord hätte ich den Film konsequent boykottiert.
Ich wusste dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruht da es in der werbung gesagt wurde und in der beschreibung des films stand, aber natürlich, wenn man das nicht weißt, ist der Film schlecht. Mich persönlich hat der film wirklich erschüttert, denn die lebensgeschichte von dem jungen mann und sein ehrgeiz, sein blick und denken über die gesellschaft sind bemerkenswert.
i love this book
gostaria de ter mais fotos do Christopher Mcccandless se possível.me supreendi com a sua história.ele era o cara!!!que deus o ilumini…abraços!!!
christopher mccandless hat sich durch lesen sehr wohl vorbereitet auf die wildnis, welche Pflanzen essbar sind und welche nicht! anscheinend haben sie das buch von john krakauer nicht gelesen da darin steht das er gestorben ist wegen einer falschen information in einem pflanzenbuch die ihm bestätigte das diese pflanze, die ihm später das leben kostete, nicht giftig ist. dieser Teil hätte auch verfilmt werden sollen weil es christopher mccandless in einem anderen licht erscheinen lässt, denn er war keineswegs blauäugig, sondern DER philosoph unserer zeit. dem ruhm, reichtum und sogar anerkennung völlig egal waren. ich finde um wenigstens ein wenig zu verstehen wie sich christopher mccandless gefühlt haben muss, muss man wenigstens das buch gelesen haben.
Schade! Schon wieder mal beweist uns ein Schreiberling, dass er zwar nichts vom Film begriffen hat, dies dafür aber vielen mitteilen möchte :-)) . Wer braucht eigentlich Kritiker? Macht Kunst!