Human Nature

Eine Perle unter den Filmgenres ist das kleine, stark umgrenzte Genre der Mockumentaries: Mock Documentaries, also inszenierte Dokumentationen. Manch einer mag Michael Moores Filme zu diesem Genre zählen, doch abgesehen von dieser Diskussion gibt es in der Filmgeschichte eine Menge frei erfundener Dokus. Zu den bekannteren gehören zum Beispiel This is Spinal Tap (über die fiktive Geschichte der realen Band Spinal Tap) und natürlich Peter Jacksons Forgotten Silver, der sich Jahre nach seiner Produktion als technische Machbarkeitsstudie für die Produktion des Herrn der Ringe herausstellen sollte. Forgotten Silver hatte Kontroversen über die Frage der Glaubwürdigkeit von bewegten Bildern ausgelöst, da die Manipulierbarkeit des Medium Films und somit des Zuschauers besonders drastisch zu Tage tritt.

Nun kann das Genre der Mockumentary auch ein wertvolles Mittel sein, um Satire zu inszenieren. Eine Mail aus New York, die sich wie Spam liest (was am sympathisch-falschen Deutsch liegen mag), aber genausogut eine wohlgezielte Viral-Kampagne an Medienblogs sein kann, forderte mich auf, ein bestimmtes Video bei YouTube anzusehen:

Diese wundervoll satirische Mockumentary ist zwar nicht neu (ich erinnere mich an ähnliche Filme im TV in meiner Kindheit sowie natürlich an mehrere Paarungsverhalten-Parodien von Otto), aber hervorragend produziert: Alles, von der Ausstattung über die Schauspieler und Kostüme, über den Farbraum des vermeintlichen 16mm-Films und die leichten Fehlinterpretationen des Beobachters bis hin zum Logo der fiktiven Sendung ist auf die Dokus der Siebziger abgestimmt. Ein wohlig-warmes Gefühl macht sich beim Zuschauen breit. Daß es sich „nur“ um eine Werbemessage für ein Parfum handelt, nimmt der Zuschauer gerne hin.

Generell sind dem Zuschauer oft gute Kurzfilme mit Werbebotschaft lieber als tumbe Werbespots. So liefert zum Beispiel Škoda ebenfalls einen überaus gelungenen Mockumentary-Werbespot mit einem winzigen, aber umso wirkungsvolleren Gag:

Wäre ich wirklich Filmemacher geworden oder hätte ich mich aufgerafft, selbst einmal aufwendiger zu inszenieren, hätte ich auch schon eine schöne Mockumentary in der Hinterhand gehabt. In meinem Tierfilm hätte der Sprecher fasziniert von der Schönheit der wilden Natur geschwärmt, hätte fast im Flüsterton das Anpirschen des Tigers an seine Beute begleitet, der Zuschauer hätte ebenso fasziniert und gefesselt wie das Team vor Ort vor dem Fernseher gessesen und beobachtet, wie der Tiger seine Beute jagt und erlegt: Den Tonassistenten der Produktion, der einzige, der nicht von der Schönheit der Natur hypnotisiert ist und sich schreiend und rennend in Sicherheit zu bringen versucht, seine Tonangel, Nagra, diverse nun zum Ballast gewordenen Hilfsmittel um sich werfend, während sein eigenes Team fasziniert vom majestätischen Naturschauspiel mitfilmt und entrückt und dadurch teilnahmslos kommentiert. Wäre schön geworden, glaube ich…

Nachtrag vom 14.10.2007:

Auch dieser Spot (via Werbeblogger) für das Zugfahren ist im weitesten Sinne eine Mockumentary, auch wenn die Qualität (weder von der Mache, noch vom Satirischen) nicht die der obengenannten Beispiele erreicht:

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