Hollywoods Kopfgeburten

Eine schon immer problematische Angelegenheit ist, wenn Filmemacher Themen anpacken, von denen sie nichts verstehen. Hier bieten sich drei Auswege an:

  1. Gründliches Informieren über den tatsächlichen Sachverhalt einer Sache nicht nur vor dem Dreh, sondern schon bei der Ideensammlung.
  2. Beschäftigung mit dem Sachverhalt auf einer (vermeintlich) höheren geistigen Ebene, meist unter Vernachlässigung der tatsächlichen Gegebenheiten und ohne genaue Information über diese.
  3. Vorsätzliches Ignorieren der eigenen Unwissenheit, konsequentes Überrollen aller eventuellen Hindernisse (Logik, Naturgesetze und so) und gutmeinender Ratschläge (meist von besser informierten Untergebenen) zur Durchsetzung der eigenen Vorstellung eines Sachverhalts.

Die Folgen sind klar: In Version 1) gesteht der Filmemacher ein, keine Ahnung von etwas zu haben, kann aber durch gezieltes Dazulernen echt gute Ergebnisse erzielen. Der Idealverlauf, leider selten.

Version 2) ist die verlockendste Variante, da sie dem Filmemacher weniger Arbeit macht, ihn nicht zum Eingeständnis einer Unwissenheit zwingt, im dramaturgischen Prozeß weit weniger Hindernisse anhäuft und nachher von der wohlmeinenden (und manchmal ebensowenig informierten) Kritik als Metapher verstanden wird. Diese Version ist meines subjektiven Erachtens die häufigste Wahl im Geschäft.

Version 3), oder auch der billige Ausweg, ist die meiner Schätzung nach zweithäufigste Variante. Hier wird einfach inszeniert, was der Story dient, und ignoriert, was davon überhaupt machbar ist. Manchmal wird sogar ignoriert, was theoretisch machbar wäre und einfach nur wild erfunden. Ich rede hier nicht von künstlerischer Freiheit, wie zum Beispiel Geräusche im Weltall. Das Perverse: Die Zuschauer schlucken es, jeden Tag. Wer kennt nicht die Szenen, in denen ein winziger Bildausschnitt eines verrauschten Überwachungskamera-Videos derart bereinigt und vergrößert wird, daß man praktisch schon die DNS des Täters auf dem Monitor ablesen kann? Wer kennt nicht die hirnverbrannten Ergüsse grausamer Uninformiertheit im Fernsehen? Sowas gilt heute wohl als normal, weil simpel genug, um vom uninformierten Laien (dem kleinsten gemeinsamen Nenner) verstanden zu werden. Daß sich allen anderen die Zehennägel aufrollen, scheint unwichtig zu sein.

Nun, was genau treibt mich überhaupt zu diesem Eintrag? Ganz einfach: Tron soll neu verfilmt werden. Wenn uns diesmal tatsächlich jemand verkaufen will, daß jemand in seinen Computer gesaugt wird und dort in seinen eigenen Spielen bestehen muß, um nachher gegen das böse Betriebssystem (kann also nur Windows sein, hihi) zu kämpfen, dann kann ich nur müde lächeln. Ich fand das Original nämlich schon als Kind nicht so spannend. Auch auf metaphysischer Ebene wird uns der Film wohl auch nichts neues bringen können. Das böse Internet, klaut uns allen die Zeit und man kann es doch nicht essen, buhu.

Da beruhigt es mich ein wenig, daß Total Recall wohl ebenfalls ein Remake bekommt. Bei dem haben nämlich nur Ausstattung und die Tricks gestunken, nicht aber die Handlung. Nur bitte nicht mit dem Governator, heute braucht es andere Typen, weniger kernig, das Ding muß ja kein Starvehikel werden. Hoffentlich checken die Weinsteins, daß die Handlung Muskelmänner nicht zwingend benötigt, also auch andere Mimen gecastet werden können.

2 Gedanken zu „Hollywoods Kopfgeburten“

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