Erbärmlich ist, wie stiefmütterlich die SZ inzwischen das Kino behandelt, als sei es ihr peinlich, dass es sowas überhaupt noch gibt. Und soll sie nicht behaupten, das Kino stinke ab gegenüber den anderen kulturellen Erscheinungsformen wie Theater, Musik, Literatur, Musealik. Es sind ja nicht nur die Filme, die das Kino ausmachen, es ist doch das Wechselspiel zwischen Film, Publikum und der Kritik, den Reviews; es ist, um ein modisches Attribut aus der Ausstellungsbranche auszuborgen und etwas zu strapazieren, ein immersives Geschehen. Wenn geschrieben wird übers Kino, so kann das die Kinowelt durchaus verbessern, verlebendigen. Das Publikum bringt letztlich die Filme zum Leben. Je mehr es sieht, auch mithilfe der Betrachtung von Filmschreiberlingen, desto spannender doch die Kinolandschaft. So eine wiederum ist anregend für die Filmemacher. Es ist so ähnlich wie mit der nachhaltigen Landwirtschaft: Vielfalt fördert Vielfalt. Zu einer blühenden Kinolandschaft gehört also auch eine Prosperität des Schreibens, die wiederum den Leser und den Filmemacher fordert und umgekehrt und vice-versa und alles interdependent und immersiv sowieso!
Auch diese Woche gibt es im Kino viel Neues zu entdecken, zu ventilieren oder zu genießen. Der Feminismus ist noch nicht am Ende und so sind es auch die Biopics über künstlerisch begabte und ambitionierte Frauen. Eine Trouvaille von vor 30 Jahren spielt erstaunlich leger auf der Klaviatur der Leichtgläubigkeit. Aus Berlin meldet sich ein verkappter Zille im Schafspelz. In Rom begeht ein Skandinavier im Trevibrunnen einen Tabubruch. In Britannien versucht sich ein Paar an einem Camino-Imitat. Der bayerische Subventionsteich probiert sich – im Ansatz erfolgreich – an einer Road-Comedy – aber Kinostars sind nicht in Redaktionsstuben synthetisierbar. Ein Symbolwesen für eine niedlich-lasche Lebenseinstellung versteigt sich in Kinoehrgeiz. Das Cinema Iran meldet sich erneut mit einem Special. Es versucht Urgewalt, Diktatur und Humanismus auf einen Nenner zu bringen. Es zeigt sich erschüttert über die universelle Problematik des modernen Mannes. Und es macht ein beachtliches Extempore nach Kanada. Auf DVD steigt ein hochintelligenter, hochkultureller Vertreter unserer Intelligenzia in die Niederungen der Scherze hinunter. Das Öffentlich-Rechtliche hat in seiner Queer-Reihe einen weiteren, bemerkenswerten Erotik-Beitrag gefunden und für den müden Arbeitnehmer sendet es einen Film, der glaubhaft die Mühsal der Jobroutine schildert.
Kino
LEONORA IM MORGENLICHT
Künstlertmuse, Künstlerin und psychisch angeschlagen
ROCK-A-DOODLE
Wie der Glaube doch beseligen kann.
SCHWARZE SCHAFE
Sie wollen schwärzer sein, als sie es sind.
BELLA ROMA – LIEBE AUF ITALIENISCH
Dass Rom eine alte Geschichte hat, wissen wir; deshalb fahren wir hin, aber das Gerda auch eine hat, davon weiß Kristoffer absolut rein gar nichts.
DER SALZPFAD
An Britanniens Küste unterwegs ohne Camino-Lizenz
KARLI & MARIE
Zwei einsame Seelen, die hochkomödiantisch ineinaderrasseln und sich dann auf ein betulich absehbares Road-Movie begeben.
DIE SCHLÜMPFE: DER GROSSE KINOFILM
Verschlumpft und zugenäht.
Cinema Iran
K 9
Zwischen Sonneneruptionen und Diktatur; die Suche nach der Restmenschlichkeit
RHINOS CONQUERED THE MIDDLE EAST
Und trotzdem gilt: diese Krise ist diejenige des modernen Mannes.
UNIVERSAL LANGUAGE
Wenn das iranische Kino sich Kanadas annimmt.
DVD
DER PRANK – APRIL, APRIL!
Man wird sich ja wohl auch als Hochgebildeter mal auf die Scherzkeksebene begeben dürfen.
TV
SLOW
Wenn der erotische Reiz in der Langsamkeit liegt.
BOILING POINT – KÖCHE AM LIMIT
Spitzengastronomiestressig