Gefährliche Bravheit
Sicher, Schafe gelten als Symbol für Bravheit und Anpassung.
Die Borreliose hat allenfalls mit den Schafen gemein, dass sie aus der Natur kommt oder man sie sich in der Natur holen kann, so genau aber will Angelika Vogel es in ihrem eindrücklichen Porträt von der Mutter und Schäferin Heidi nicht wissen.
Auch dass Heidi in Australien als Kind deutscher Auswanderer zur Welt gekommen ist, hat erst mal mit Schäferei und Borreliose nichts zu tun. An Australien hat sie sowieso wenig Erinnerungen. Denn mit etwas 5 Jahren ist die Mutter nach Deutschland remigriert, Heidi in Unterfranken aufgewachsen als das Kind, das sich immer zurückgenommen hat, das Bravheit als oberstes Prinzip befolgt, um nicht aufzufallen, um in dem Lärm von Welt und Familie nicht mitwetteifern zu müssen.
Frieden findet Heidi in der Natur, später auch im Gebet. Und so brav wie sie sich in der Familie verhält, ohne je eigene Ansprüche anzumelden, so verhält sie sich in ihrer ersten Ehe mit einem Forstwissenschaftler. Bis sie irgendwann spürt, dass sie sich selbst keinen Gefallen tut damit. Nach Anläufen findet sie den Power zur Trennung.
Es folgt die Schäferphase in Unterfranken und immer Sommer mit Mann und tausend Schafen auf der Rhön. Und noch zwei Kinder, ein traumhaft ausgebautes Klosterwohnhaus als Familiendomizil. Dann schlägt die Borreliose heimtückisch zu, zehn Jahre ist es her. Kämpfe mit den Versicherungen wegen der Anerkennung und damit Übernahme der Kosten. Schwierige Zeit auch für ihren Ehemann.
Die Lebenslinien unter der Redaktion von Christiane von Hahn berichten über Heidi, wie sie dank Nichtaufgeben im Kampf gegen die Gleichgewichtsstörungen den ersten Sommer wieder mitgeht mit den Schafen auf die Rhön. Nach und nach kommt die Kondition zum Hüten wieder. Sie kann den Frieden des Schäfers genießen. Aber inzwischen hat sich in der Nähe ein Wolfsrudel angesiedelt …
Ein schönes Beispiel für eine weibliche Emanzipationgeschichte und wie beschwerlich die war.