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Lebenslinien: Simon Pearce – Humor ist meine Verteidigung (BR, Montag, 18. März 2024, 22.00 Uhr)

Frei von der Leber weg

Diese Lebenslinien von Annika Braun unter redaktioneller Betreuung durch Rachel Roudyani leben vom nicht enden wollenden Redefluss des Protagonisten und Kabarettisten Simon Pearce. Man hat nicht den Eindruck, dass die Texte vorher durch einen minutiösen Opportunismus-Filter gehen, ob sie ihm nun nützen oder nicht. Sie kommen wie frisch von der Leber weg und sind dadurch gewinnend und sympathieschaffend.

Ok, es sind auch Promi-BR-Lebenslinien. Und für einen Kabarettisten, der ja, wie Django Asyl mal zu Papier gegeben hat, das Modell des Manchester-Kapitalismus in Reinkultur repräsentiert – je mehr Zuschauer einer hat, desto mehr Umsatz macht er – sind solche Personality-Shows unbezahlbar, sie sind Werbung ganz klar; in diesem Falle aber ist die Sendung auch mehr. Denn der BR hat der Mutter von Simon Pearce nach wie vor etwas gutzumachen, da sie wegen des schwarzen Vaters jahrelang beim BR nicht engagiert wurde. Das geht ja nicht, dass eine Bayerin mit einem Schwarzen zusammen ist und auch noch Kinder hat mit ihm.

Von Rassismus kann auch Simon Pearce einiges erzählen. Wobei er meint, die richtig plumpen, tätlichen Angriffe, die besonders mit der Pubertät einsetzten, das sei wenig im Vergleich zu dem, was er auch heute noch tagtäglich an subtilen Bemerkungen und Verhaltensweisen zu spüren bekomme.

Das ist eines der Themen, dass er auch nur über diesen bei den Sendern vorhandenen Rassimus und das Denken in solchen Clichees überhaupt zu Rollen gekommen ist, radebrechende Ausländer, die nach ihrer Herkunft gefragt werden und dann allenfalls in bestem Bayerisch antworten können, aus Pullach.

So glaubt Simon Pearce auch, dass seine Clownerei, sein Showneed durchaus als Schutzschild gegen den Rassimus zu sehen sei.

Am Ende des Filmes wird noch eingeblendet, dass seine Mutter, Christiane Blumhoff, kurz nach Ende der Dreharbeiten gestorben sei. Irgendwann hat der BR sie dann doch wieder engagiert.

Kommentar zu den Reviews vom 14. März 2024

Die heute besprochenen, neu startenden Kinofilme haben viel mit Jugend zu tun. Mit Jugend aus der DDR-Zeit, die sich einen Sound gegen das Herrschaftssystem kreiert hat. Mit der Jugend und deren unerfüllte Liebe als Dreh- und Angelpunkt eines nordischen Biopics. Mit dem Wunsch eines Paares nach Reproduktion und also Erhalt und Erneuerung von Jugend. Mit der Rückkehr als Jugendliche an einen Ort der Kindheit auf einer Mittelmeerinsel. Mit Idolen der Jugendmusik aus den 60ern und den 70ern. Mit der Liebe eines berühmten Dichters, der zwar noch jung, aber schon krank ist. Mit der Spurensuche nach der eigenen Herkunft, zum Beispiel nach einem unbekannten Vater in Afrika. Mit der Kaputtheit einer kläglich erblühenden, verwöhnten Jugend irgendwo in den Vereinigten Staaten. Wie weit Pandas und Jugend zusammengehen, steht auf einem anderen Blatt. Und Jugend, Kindheit und Alpträume nochmal auf einem anderen. Auf DVD werden neue Kleinodien angeboten. Gerät Kerstin mit dem Kajak wegen Geldgeschichten in eine Familienaufarbeitung hinein? Auf einem Anwesen im Elsass führt der Krieg drei Menschen zusammen. In Wien menschelt es in einer engen Dreierfreundschaft. Aus Holland kommt eine exklusive Gruppierung von Meistergemälden. Und auf VoD wird ein fettes Paket feministischer Möglichkeiten aufgeschnürt.

Kino
SCHLEIMKEIM – OTZE UND DIE DDR VON UNTEN
Wie die wache und sensible DDR-Jugend den Punk geradezu erfinden musste.

ALLE HASSEN JOHAN
Mit der Sprengermeisterfamilie Grande muss gerechnet werden.

DER WUNSCH
Der Kinderwunsch ist offenbar nicht erzwingbar.

RÜCKKEHR NACH KORSIKA
Wenn die Jugend an der Vergangenheit doch mehr die Gegenwart interessiert.

SQUARING THE CIRCLE
Hipgnosis als never ending Anekdotenlieferanten für Fans des Rocks der 60er/70er Jahre.

DIE HERRLICHKEIT DES LEBENS
So ein Klatschspaltenleben dürfte sich Franz Kafka nicht mal erträumt haben.

INDEPENDENCE
Wie kann ich unabhängig sein, auch wenn ich immer wieder Diskriminierung erlebe?

MILLER’S GIRL
Porträt einer gelangweilten, verwöhnten jungen Reichen.

KUNG FU PANDA 4
Vor lauter Freude am Comic-Firlefanz und den Comic-Unartigkeiten scheinen die Macher Moral und Story vergessen zu haben.

IMAGINARY
Die lieben, lieben Geister der Kindheit

DVD
ALASKA
Paddelboot und Geldschulden

LUISE
Sie wird konfrontiert mit einer Frau und einem Soldaten auf der Flucht.

NEUE GESCHICHTEN VOM FRANZ
Diesmal hat er Befriedungsprobleme

VERMEER – REISE INS LICHT
Vorteil im Heimkino: man kann den Film stoppen und einzelne Details länger studieren.

VoD
FEMINISM WTF

Alle hassen Johan

oder:
ein nordisches Schicksal: ein Mann namens Johann

Der deutsche Titel dieses Filmes von Hallvar Witzo nach dem Drehbuch von Erlend Loe scheint zwar die wörtliche Übersetzung des norwegischen Originaltitels: „Alle hater Johan“ zu sein. Trotzdem erscheint er mir zu popelig, da er assoziiert, es handle sich um einen Kinderfilm, in dem es um einen diskriminierten Jungen geht. Das stimmt zwar auch.

Aber der Film ist doch einiges mehr. Er müsste eher in Anlehnung an Ein Mann namens Ove „Ein Mann namens Johan“ heißen, da er ein breitgefächertes, faszinierendes Porträt eines Nordländers abgibt, hier eines Typen wie einem Urvikinger, der entsprechend urig mit dem Handwerk des Sprengens umgeht – nicht das Dynamit ist gefährlich, Feiglinge seien es. Das lernt Johan, der 1943 auf der norwegischen Insel Titran zu Welt kommt, von kleinauf.

Johans Eltern sind erfolgreiche Guerillasprenger im Zweiten Weltkrieg. Sie sprengen jede Menge Brücken, nicht immer nur zum Nachteil der Nazis. Insofern sind sie schon Außenseiter und stehen in Konkurrenz zu anderen Undergroundgruppen, die zum Beispiel mit den Engländern zusammenarbeiten.

Sprengungen begleiten den Buben, Sprengungen begleiten den erwachsenen Mann, Sprengungen nehmen ihm die Eltern weg und beschädigen andere ihm Nahestehende.

Es gibt eine Phase, da arbeitet Johan, der Film arbeitet sich jahrzehnteweise voran von 1943 bis ins Heute, als professioneller Sprengmeister in der USA, Türme, Brücken. Er kehrt zurück. Denn nie lässt ihn seine Jugendliebe und ehemalige Buddelkastenfreundin Solvor los. Das wird eine Geschichte von Missverständissen und Unfällen.

Hallvar Witzo erzählt die Lebensgeschichte dieses Mannes, der je erwachsener er wird, desto mehr sich zum Urvikinger-Mannsbild mit einer Schnittmenge zu unserem Jesusbild verändert, mit einer narrischen Begeisterung dafür, was sich im Kino auf großer Leinwand mit bescheidenen Mitteln und den entsprechend malerischen Fjorden Aufregendes herstellen lässt. Hallvar Witzo nimmt die Erzählhaltung ein, als handle es sich bei seiner Geschichte um eine Art Western-Ballade, die gegen Ende hin droht, außer Rand und Band zu geraten.

Squaring the Circle

Normalerweise im Hintergrund

von Berühmtheiten bewegen sich Fotografen und Grafiker, die bei Musikern beispielsweise die Cover der Alben besorgen.

Und just einen solchen setzt Anton Corbijn nach dem Drehbuch von Trish D Chetty ins Zentrum seiner dichten, rockgeschichtlichen Dokumentation.

Es ist dies Aubrey „Po“ Powell, der mit Storm Thorgerson, auch er kommt vor, berühmte Plattencovers von Led Zeppelin, AC/DC, Genesis, Paul McCartney und Pink Floyd gestaltet hat.

Das ist vielleicht die Schwachseite des Filmes, dass so ein Hintergrundmensch unendlich viel quasselt. Dabei sind speziell für den Rockfreund jede Menge Anekdoten dabei und selbstverständlich gibt es jede Menge weiterer Talking Heads, alle in Schlaglichfotografie und in Schwarz/Weiß, Akteure aus der bewegten Rockgeschichte.

Powel und Storm bilden als Duo und Firma die Hipgnosis.

Der Film ist voller verrückter Geschichten zu einzelnen Covers, das mit dem fliegenden Schwein über den britischen Fabrikschloten, das mit der Kuh, das mit den Bällen in der Wüste, das mit dem schlafenden Schaf auf einer Psychiatercouch am Meeresrand von Hawaii oder jenes mit dem Handschlag mit einem brennenden Mann – oft auch mit psychodelischem Einschlag.

Die Ohren werden gut bedient mit Musikausschnitten der gecoverten Bands. Wer einen Draht zu diesem Teil der Musikkultur der 60er/70er hat, dem werden sicher viele Erinnerungen an Musikerlebnisse geweckt.

Schleimkeim – Ötze und die DDR von unten

Ötze,

Dieter Ehrlich, ist die zentrale Figur – irgendwie der nicht ganz so weiße Elefant im Raum, von dem jeder spricht – in dieser Doku von Jan Heck über die DDR-Punkband Schleimkeim.

Ein fetziger Mix aus DDR-Wohlfühl-Konsumwerbung zu Beginn macht die Notwendigkeit von Punk in dem sozialistischen Land nachvollziehbar. Zu niedlich und sauber ist die dargestellte sozialistische Idealwelt.

Aber der Zugang zu Punk aus dem Westen ist schwierig; Platten ins Land einzuführen nahezu unmöglich. So müssen denn wenige Impulse ausreichen für Ötze, Dietrich Ehrlich, einen Bauernsohn aus der Nähe von Erfurt, in einem ehemaligen Stall aus gebrauchten Geräten Musikinstrumente und Verstärker zu basteln.

Diese und andere verrückte Geschichten zur Entstehung der in den frühen 80ern erstmals aufgetretenen Punkband Schleimkeim erzählen Figuren, die damals dabei gewesen sind und die heute noch mit wilden Frisuren auffallen in malerisch-anarchistischen Settings und mit Namen wie Spinne, Geralf, Pankow, Basti, Lippe und Speiche.

Es war die Kirche, die dieser Jugend den nötigen Schutzraum bot. Ötze selber scheint eine Weile von der Stasi geführt worden zu sein. Für teils erfundene Informationen. Vor allem für Geld, was die Band dringend brauchte. Dass er damit Menschen geschadet hätte, sei nicht bekannt.

Der Film besticht durch die von den Protagonisten lebendig und heute noch begeistert geschilderte Atmosphäre jener Punkzeit. Verblüffend, auch für sie, ist, dass selbst Teens von heute dank Youtube Fans sind und die Texte wortwörtlich wiedergeben können, auch wenn der Spiritus Rector der Band, Ötze, längst gestorben ist.

Es spricht aus ihnen ein Widerstandsgeist, der für jedes Herrschaftssystem nervig sein muss und auf den die Jugend wohl immer wieder anspricht. Ein kreativer Widerstandsgeist, der sich notfalls mit Improvisieren zu helfen weiß und gegen welchen die DDR in ihrer Hilflosigkeit dem Phänomen gegenüber einen Paragraphen gegen unsozialistisches Äußeres erfinden musste.

Rückkehr nach Korsika

Sommer, Sonne und Familiengeheimnis

Vor Jahren ist Khédidja (Aissatou Diallo Sagna) mit ihren zwei kleinen Kindern von Korsika nach Marseille gezogen. Inzwischen sind Farah (Esther Gohourou) und Jessica (Suzy Bemba) 15 und 18. Die Mutter hat die Möglichkeit, für eine reiche Familie die Kinder in der Sommervilla auf Korsika zu hüten. So kehrt sie zurück mit den beiden herangewachsenen Töchtern, die sich nicht oder kaum mehr an Korsika erinnern können.

Der Grund für die damalige Abreise schwebt als Familiengeheimnis über dem wunderbaren Sommerfilm von Catherine Corsini, die mit Naila Guiguet auch das Drehbuch geschrieben hat.

In der Art improvisiert hingepinselter Szenen schildert sie diese Sommerzeit mit ansteckender Leichtigkeit und nur momentweise meldet sich die Vergangenheit, wird am Familiengeheimnis gekratzt.

Es tauchen Figuren aus der Vergangenheit auf, die wichtigste ist Marc-Andria (Cédric Appietto). Er soll der beste Freund des Vaters gewesen sein, um dessen Tod es Gerüchte gibt.

Aber die beiden Töchter interessiert vor allem die Gegenwart. Sie sind im Abenteueralter, im Liebesalter.

Die jüngere Farah ist die freche, die burschikose, die schnell mal dazwischengeht, wenn Rassismus im Raum steht. Sie hat kein Problem, einen vom Bademeister requirierten Fußball den Kids zurückzuholen oder Gras zu klauen und es zu verkaufen.

Jessica dagegen ist angetan von der Tochter der Pariser Familie, Gaia (Lomane de Deitrich) und kann der lesbischen Liebe nicht wiederstehen.

Es ist ein Sommerfilm mit Meer, Sonne, Party, Musik, Alkohol, Drogen. Teils wirkt er wie ein Sittengemälde der Jugendkultur des sommerlichen Korsikas. Die Jugend liebt den Exzess, tummelt sich im Meer, in den Küstenfelsen, in der Disco. Und der dunkle Akkord von Geheimnis schwingt mit.

Miller’s Girl

Einen Lehrer fertig machen

Cairo Sweet (Jenna Ortega) ist eine verwöhnte Göre, 18, noch Jungfrau. Sie wohnt faktisch allein in einem ausladenden Landhaus von der Art, wie man sie gerne als Location für Horrorfilme nutzt, in Tennessee. Allein ist sie, weil ihre reichen Eltern meist auf Geschäftsreise irgendwo in der Welt unterwegs sind.

Cairo Sweet brennt vor Sehnsucht nach Lust und Sex. Das kompensiert sie mit Literatur. Sie schreibt selber und konsumiert bevorzugt erotische Literatur. Ihren Frust will sie am Literturlehrer Jonathan Miller (Martin Freeman) auslassen. Der hatte selber mal literarische Ambitionen und hatte auch ein Buch – wenn ich das richtig verstanden habe: über Interpunktion – herausgebracht. Er lebt mit einer schreibenden Autorin zusammen.

Damit die Drehbuchexte, die Regisseurin und Drehbuchautorin Jade Halle Bartlett zum Thema erotische Literatur und Verführung von Studierenden durch Lehrkräfte nicht so ganz in der Luft hängen, hat sie noch den Lehrer Boris (Bashir Salahuddin) erfunden. Dieser wird angehimmelt von der Mitschülerin Winnie (Gideon Adlon), die sich von ihm entjungfern lassen möchte; was nicht allzu unerreichbar scheint.

Derweil treibt Cairo ihre Spiele mit Jonathan. Sie macht sich begehrt bei ihm, da sie nicht nur sein Buch gelesen hat, sondern sich auskennt mit erotischer Literatur, Henry Miller. Sie selbst schreibt einen unmissverständlichen Aufsatz.

Der Film von Jade Halley Bartlett tut sehr literarisch und kulturell; fischt aber nur die Lüstlingselemente, das Pornographische, aus den Texten heraus; verlässt den Bereich plumper Anmache nicht. Er erweckt den Eindruck des lüstern Möchtegernhaften.

Auch vom Sound her, gibt der Film eine Ambition zu erkennen, die er inhaltlich nicht erfüllen kann, genauso wenig wie mit dem Einsatz einer gewissen Künstlichkeit in der Beleuchtung oder im Umgang mit Nebeln.

Vielleicht ist es lediglich ein Film über Torheiten, die eine Verliebtheit mit sich bringt; denn dass Cairo den Lehrer zum vornherein fertig machen wollte, ist im Film auch nicht angelegt.

Da untersucht ein Film wie The Holdovers ein Lehrer-Schülerverhältnis doch mit einem viel klareren und analytischeren Ansatz – und kommt dadurch auch auf überraschendere und überzeugendere Resultate.

Hier sucht man vergebens im vielen Text nach auch nur dünnem Gehalt. Vielleicht ist Cairo auch nur aus Langeweile getrieben. So dass sich maximal das Porträt einer mental-kulturell verwahrlosten, verwöhnten, gelangweilten jungen Frau ergibt, die ihr einziges Potential im Zerstören und Kaputtmachen sieht; dummerweise läuft ihr Lehrer Miller über den Weg.

Kung Fu Panda 4

So schön

diese Kompilation bewährter Standard-Comic-Situationen, so reichhaltig die Fülle an Bildern und Figuren sein mögen, so leer wirkt der Film von Mike Mitchell und Staphenie Stine nach dem Drehbuch von Jonathan Aibel und Glenn Berger.

Es gibt einen moralischen Tenor, man müsse sich verändern können. Der bleibt aber so vague, dass darunter auch Anpassung an egal was für ein System verstanden werden kann.

Und dann gibt es noch ein paar Regeln, die unter den gezeichneten Kreaturen des Filmes – viel in Richtung Hieronymusch Bosch – weiterverbreitet und befolgt werden sollen. Aber auch sie bleiben im Ungefähren hängen. Da ist nichts dezidiert gegen falsche Herrschaft. Da ist kein Need zum Kämpfen, gar zur Revolution. Man ist lustig unterwegs, der Po mit Frau Schen, der Füchsin. Po mit dem Zauberstab ausgestattet.

Es gibt einen dürren Ansatz von Geschichte. Po soll einen Nachfolger als Drachenkrieger suchen und ernennen. Ihm passt das nicht; ihm liegt die einfache Schlägerei, das Draufhauen mehr als der weise Rat und die Position des Weisen, die er einnehmen und wofür er die Drachenkriegerei an den Nagel hängen soll.

Und er soll das Chamäleon besiegen, das sich als unterschiedliche Figuren verkleiden kann. Irgendwann taucht auch plötzlich der Vater von Po auf. Auch er hat eine Begleitung, etwas Gansähnliches. Da denkt man an Micky Mouse.

Am meisten scheint die Macher der artistische Firlefanz interessiert zu haben, der mit Comicfiguren anzustellen ist, mehr das Kompilationshafte denn das Storyhafte; und die deutsche Synchro scheint daraus den Schluss gezogen zu haben, mit dem Holzhammer sei leichter zu arbeiten als mit Differenzierung und Subtilität – so bleibt denn auch von Hape Kerkeling nicht allzuviel Kerkelinghaftes übrig und der Film wirkt so als leeres Gedöns mit einem Haufen – gar nicht schlechten – Bildmaterials zur Ansicht, das dominiert wird von Unartigkeiten der Figuren, ein Rummelplatzkino der unverbindlichen Art. Das zu ertragen braucht viel inneren Frieden.

Independence

Persönliche Nachfrage

Helen Wendt ist Schauspielerin am Oldenburgischen Staatstheater.

Sie ist die Protagonistin in dieser Dokumentation von Felix Meyer-Christian, mit dem sie auch das Drehbuch geschrieben hat. Sie ist die Ich-Erzählerin. Der Film ist ihre ganz persönliche Auseinandersetzung mit dem Begriff der Unabhängigkeit, der die Identität beinhaltet.

Helen Wendt ist in der DDR geboren. Ihr Vater, ein Student aus Mosambik, hat die DDR zum Zeitpunkt ihrer Geburt bereits wieder in Richtung Heimat verlassen müssen. Sie ist mit der Mutter, einer Tänzerin, aufgewachsen. Die beiden sind aus der DDR nach Berlin geflohen. Den Vater hat Helen nicht gekannt.

Im Ballettunterricht, den Helen bis 16 genießt, erfährt sie Rassimus mit üblen Bemerkungen. Jetzt fährt sie nach Mosambik, um ihren Vater zu treffen. Der – und auch andere Gesprächspartner – erzählen von der Frelimo, vom Freiheitskrieg. Sie besichtigt ein Haus, das einst ein berüchtigtes Gefängnis gewesen ist mit Folter und Tötung von Gefangenen. Sie hört aber auch von der Begeisterung, die die Unabhängigkeit zuerst ausgelöst hat.

Sie ist in Mosambik bei einer regelmäßigen Demo von Ex-DDR-Gastarbeitern dabei, die heute noch Forderungen haben. Sie lernt in Moputo ihre Halbschwester kennen.

In Katalonien unterhält sie sich weiter über den Drang zur Unabhängigkeit. Die Leute wollen ihre Sprache sprechen, ihre Kultur pflegen. Da haben es der Protagonistin die Menschenpyramiden angetan, Ausdruck katalonischer Identität, die unter Franco verboten war.

Auch im Südsudan ist Helen Wendt unterwegs, trifft einen ehemaligen Kindersoldaten, lernt die aussichtslose Lage in einem Flüchtlingslager kennen.

Schließlich wendet sie sich dem Brexit zu. Ein Ehepaar von Brexiteers gibt seine Gründe, für den Brexit gewesen zu sein, zum Besten. Man möchte sich nichts von Brüssel vorschreiben lassen.

Zwischen die Interview- und Rechercheelemente schneidet der Filmemacher Ausschnitte aus der Choreographie Independence in Space, gefilmt im Edit-Russ-Haus for Media Art in Oldenburg. Der Film sei, so ist im Abspann zu lesen, Teil des „Cross-platform documentary art project „Fight (for) Independence“.“

Imaginary

Welche Maschinerie?

Die Horrormaschinerie, die Greg Erb, der mit Jeff Wadlow und Jason Oremland auch das Drehbuch geschrieben hat, routiniert am Laufen hält? Oder die I-Maschinerie, Wortspiel Deutsch-Englisch, die Einbildungsmaschinerie, die gerade Kinder mit einem eingebildeten Freund in andere Welten entführen kann oder sie die Mühsal der Heranwachsens überstehen lässt?

Jessica (DeWanda Wise) ist Comic-Zeichnerin und ewig in Verzug mit den Abgabeterminen. Sie hat zwei Töchter, Taylor (Taegen Burns) und Alice (Pyper Braun). Jessica hat ab und an Alpträume – hat sie wohl in Horrorfilmen gelernt die Bilder – und ihr Freund oder Mann Max (Tom Payne) tröstet sie dann.

Die kuschelige Familie zieht ins Haus der Oma. Dieses ist verbunden mit Kindheitserinnerungen von Jessica. Bei einem Versteckspiel mit Mama, die durch ein Telefonat abgelenkt wird, entdeckt Alice im Keller den Teddy Chaucney.

Und es gibt eine blaue Tür. Das sind sozusagen die Öffnungen zu einer verhängnisvollen Vergangenheit, zu Zeitreisen und zur Demonstration der Macht der Vergangenheit über die Gegenwart. Hier verschwindet oder verliert sich Alice. Es setzt ein großes Suchen nach ihr ein verbunden mit vielen, nur allzu bekannten Geisterbahn-Horror-Effekten.