Lebenslinien: Hera Lind – Das Superweib war ich nie (BR, Montag, 6. November 2017, 22.00 Uhr)

Lebenslinien als Klatschpostille.

Hera Lind war und ist offenbar heute noch eine Figur der Klatschwelt. Sie ist es gegen Ende des letzten Jahrtausends geworden wegen ihres Erfolges als Autorin, sie galt als das Superweib, wie auch einer ihrer Bestseller-Romane hieß. Auf den Höhenflug folgten Absturz und Shitstorm. So wie die Klatschwelt sie hochgejubelt und hofiert hat, so goß sie nun Dreck über sie (weil sie den Vater ihrer vier Kinder, mit dem sie nicht verheiratet war, für einen Traumschiffkapitän verlassen hat). Das trieb sie an den Rand des Selbstmordes.

Diese Lebenslinien von Beatrice Sohnhüter (Buch) und Stefanie Illinger (Regie) und Christian Baudissin (Redaktion) gehen offenbar davon aus, dass ihr Zielpublikum das weiß und versuchen diese Klatschstory fortzuschreiben, zu zeigen, wie Herlind Wartenberg, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, das Tief überwunden hat und sich heute als noch superer Superweib präsentiert, sie hat jetzt alles erreicht, ist sowohl erfolgreiche Sachromanschriftstellerin (Spiegelbestsellerliste) als auch erfolgreiche Altistin als auch glückliche Ehefrau und Mutter von vier glücklichen Kindern. Und sie hat sich für ihre und ihres Gatten Urne bereits eine Grabstelle mit Aussicht über Salzburg gesichert. Wenn das keine Aussichten sind, nicht auszumalen, wenn das nicht auf Zwangsgebührenzahlers Kosten verbreitet und breitgetreten würde – die Folgen für die Demokratie sind nicht auszudenken.

Mit diesen Lebenslinien hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen eine weitere Chance vertan, sich Legitimität durch Besinnung auf den Grundauftrag zu verschaffen. Es hätte sich hier trauen können, genau zu eruieren, wie diese Klatschgeschichten zustande gekommen sind, ihren Mechanismus und das Zutun des Promis selber. Wer die Öffentlichkeit in die Privatgemächer einlässt, der darf sich nicht wundern, wenn die sich darüber das Maul zerreißt. Das Öffentlich-Rechtliche macht solch ätzendes Tun mit inklusive Wühlen in den Fotoalben der Kindheit und Begehen von Stätten, an denen das Promilein mal Pups oder Pieps gemacht hat, das ist ein Tun, was auf enormes Einsparpotential hinweist. Niemand braucht dieses „Wissen“ für die Demokratie.

Hier geht es nur um Geschäft, um das Branding eines literarischen Namens im Interesse aller, die damit Geld verdienen. Denn auf eine inhaltliche Evaluation des Werkes der Autorin verzichten die Lebenslinien; warum die Bücher eventuell wichtig sein könnten im Hinblick auf demokratierelevante Schnittmengen.

Stattdessen gibt sich der BR her als treudoofer Handlanger von Verlagsinteressen.

Rote Karte des Zwangegbührenzahlers!

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