Suburbicon

George Clooneys fröhliches Bashing des American Dream in der Verschrumpelung zum Traum von Aruba, dem holländischen Protektorat, wie immer wieder betont wird. Das Subjekt, an dem sich das zeigt, ist Matt Damon als Gardener, messerscharf seziert als die Mittelstandsversion des Ugly American, der verkrampft und verknurzt versucht, sich seinen Traum zurechtzubiegen und wenn er dabei einen Standardkriminalfall von Versicherungsbetrug durchspielen muss.

Damon spielte diese Hartnäckigkeit, die nicht mehr zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann, grandios, diese Verfallenheit der Idee von Aruba, wo er mit der Frau, die er liebt, die Schwester seiner Gattin, auf exotische Genüsse hofft, die aber im sterilen Suburbicon, in dem er lebt, abstrakt bleiben.

Hier ist einzig das in die vertäfelte Holzwand eingelassene Aquarium exotisch, in welchem die Frischluftzufuhr über einen Seemannskoffer am Boden kommt, bei dem sich im Moment der Luftfreisetzung der Deckel hebt.

Nicht weniger symptomatisch für die Ausstattung im 50er-Jahre-Stil ist der in ein Möbelstück eingelassene Fernseher. Denn Suburbicon ist der letzte Schrei im aufkommenden Nachkriegswirtschaftswunder in den USA. Es ist eine Muster- und Traumsiedlung, deren Bau 1947 begonnen wurde, und die schon nach wenigen Jahren 60’000 Einwohner hatte.

Alles in Suburbicon ist piekfein-weiß-rein-säuberlich, die Häuschen und moralisch sauber sowieso. Gerade mal die Differenz zwischen Nazarenern und Episkopalen spielt eine Rolle.

Gegen diese Sterilität setzt George Clooney, der mit den Brüdern Joel und Ethan Coen auch das Drehbuch geschrieben hat, eine massiv oversounded Opernmusik, die der kleinsten Alltäglichkeit Wichtigkeit verleiht.

Der Film kommt schnell zur Sache, nachdem er Ort und Zeit lokalisiert hat. Er fängt mit einem Chloroform-Überfall auf die Gardeners an, das sind der Papa, seine Schwägerin Margaret (Julianne Moore) seine Frau Rose (ebenfalls Julianne Moore) und sein Bub Nicky.

Ein paar Dinge laufen hier seltsam ab und die Ehefrau stirbt dabei. Später werden sie noch seltsamer werden. Es geht um eine erkleckliche Versicherungssumme, mit der Gardner mit Margaret den Traum von Aruba wahrmachen will.

Wie in der griechischen Tragödie hat sich Clooney, dessen Film doch weitgehend wie ein exklusives Liebhaberstück wirkt von einem, der sich die feinsten Zutaten für sein Movie leisten kann, aber letztlich einem Hobby frönt, noch eine Art Chor ausgedacht.

Dies ist der Chor des Rassismus. Er wird gebildet von den Bewohnern Suburbicons. Er ist die begleitende Soundkulisse, die die Weißen von Suburbicon am Nachbarhaus von Gardners veranstalten, denn die Neuzuzügler, Familie Meyer mit der Mutter (Karimah Westbrook), dem Vater (Leith Brooke) und dem Buben Andy, sind Schwarze.

Die Ablehnung der Leute von Suburbicon ist eineindeutig, undifferenziert, lauthals und direkt ins Angesicht. Sie spielen die Trompeten von Jericho vor dem Haus, veranstalten einen Dauerlärm. Auch dieses Geschehen wird eskalieren.

Einzig die Buben Nick und Andy, die verstehen sich, haben eine dünne Verbindung mit einem Konservendosentelefon.

Und wie in der großen Oper, ist das Stück erst zu Ende, wenn das Gros der Protagonisten tot sind, die Dramaaffinität eines Clooneys hervorhebend.

Die Bildsprache ist souverän, erinnert an einfache Kinderbilderbücher, der Erzählfluss flutscht und Clooney stochert lustvoll im Käseglockenmief der 50er. Das hat den Vorteil, dass der Zuschauer sich nicht allzu betroffen vorkommen muss. Und so ein Rassist, wie die hier sind, ist man ja sowieso nicht. Kabarettreif ist die Nummer mit dem Versicherungsdetektiv und Margaret, der schon ganz viele rote Flaggen bei diesem Fall sieht.

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