Ein Weg

Der Weg ist derjenige des Schreiners Andreas (Mike Hoffmann) im Fachwerkstädtchen Schmalkalden und seiner Liebe zu Martin (Mathis Reinhardt). Wobei der Weg eher in der Ortschaft verharrt.

Schmalkalden ist nicht Korbach, von wo aus Schwulität in ein Überleben in Neukölln fliehen muss, wie im Film von Rosa von Praunheims kürzlich zu sehen; in Schmalkalden wird eine schwule Liebe nicht angefeindet. Sie kann dort ausgelebt werden.

Andreas hat aus einer Beziehung zu einer Fau einen Sohn. Nach dem Tod der Mutter des Sohnes von Andreas ziehen die beiden Väter den Buben groß zum jungen Mann.

Der Film von Chris Miera, der mit Philipp Österle auch das Drehbuch geschrieben hat – ein Produkt der Filmuniversität Babelsberg Konraf Wolf -, will Partnerschaft als Ehe für alle als etwas ganz Normales aufzeigen, obwohl diese bei Drehbeginn gesetzlich noch nicht verankert, noch deren Legalisierung abzusehen war, so ist zu vermuten. So gibt’s auch keine Hochzeitszeremonie.

Wie in jeder anderen Beziehung wird auch hier klar, dass Beziehung eine langwierige Angelegenheit sein kann, bei der Sex eher in Unterhose als ohne getrieben wird, in der körperliche Nacktheit gerade mal bis zum Bauchnabel reicht, in der züchtig in T-Shirt und Unterhose im Ehebett geschlafen wird.

In Schmalkalden ist alles fein geordnet wie die Fachwerkhäuschen. In Schmalkalden lässt man sich Zeit für ein Verkaufsgespräch des Schreiners mit einem Kunden, für ein Sparkassenberatungsgespräch von Andreas oder zum Studium eines Kaufvertrages für einen Blumenladen.

Die Regie lässt den Schauspielern viel Raum und Zeit, Empfindung und Gefühl zu zeigen, zu zeigen, dass sie verletzlich und gleichzeitig liebesbedürftig sind, Zeit für Krisen, Knatsch und Missstimmungen, fürs Thema Jobsuche und Bewerbung, fürs Einkaufen und Fleischbraten, für Urlaub am Meer.

Interessant ist es, zu vergleichen die unterschiedlichen Temperamente und Ansichten von Sex und Triebmanagement im ebenfalls heute anlaufenden mexikanischen Film The Untamed von Amat Escalante. Der mexikanische Titel heißt „Wilde Regionen“. Und ebenso sind bei Escalante die Natur und die Triebe charakterisiert. In Schmalkalden am Südwesthang des Thüringer Waldes dagegen wirkt die Natur milde, neujahrskartenhafte Schneelandschaft oder am Urlaubsort ist das Meer zahm und geglättet, in das der Protagonist mit weißer Unterhose bei leerem Strand reinspringt.

Was nicht heißt, dass es uninteressant wäre, der Entwicklung der Beziehung der beiden Männer zuzuschauen, wie sie glücklich sind, wie der berufliche Erfolg oder Misserfolg reinspielt, wie es zur Kurzzeittrennung kommt, später zur definitiven, wie sie am Meer wieder zueinanderfinden.

In Schmalkalden bleibt die Kirche im Dorf. Der Kirchturm dient sogar als vertrauensbildende Maßnahme zwischen Sohn Max und dem unleiblichen seiner beider Väter, Martin.

Diese epische Beziehungserzählung zum Thema „Ehe für alle“ wird von sanfter Musik untermalt.

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