B12 – Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens (BR, Mittwoch, 13. Dezember 00.30)

So ganz klar ist nicht, wer hier den Sinn des Lebens sucht in dieser gottverlassenen Gast- und LKW-Raststätte, die „B12“ heißt. Denn die Protagonisten in dieser kleinen, übersichtlichen Welt, das sind vor allem alte bis sehr alte Männer, die den Sinn doch längst gefunden haben: Bildzeitung lesen und in der Gaststätte „B12“ rumsitzen, ein Bier trinken und über Gott und die Welt reden.

Vielmehr scheint es so, als suche der BR krampfhaft nach seinem eigenen Sinn in der modernen Medienlandschaft. Denn es handelt sich um eine Webserie mit 21 3 – 5 Minuten langen Clips, Momentaufnahmen rund um die Gaststätte, mal von einem Flohmarkt oder einem Vereinsfest, von einem Parkplatzanweiser und Abkassierer, meist von den Stammgästen.

Zweifellsohne bieten diese alten Männer und manchmal auch ihre Geschichten Futter für die Optik und auch ab und an fürs Gehör. Doch Vorsicht ist geboten, das als Realität zu nehmen. Zu viele Filter sind eingebaut. Allein der Aufmarsch eines BR-Teams. Die kommen bestimmt mit einem dieser blau angemalten BR-VW-Busse, ein Kameramann, ein Tonmann und der Regisseur Christian Lerch.

Der Bus vor der B12 signalisiert laut: das Fernsehen ist da! So ein Team von mindestens drei Leuten verändert die Situation in den meist engen Thekenräumen, setzt Filter in die Köpfe der Protagonisten.

Weitere Filter passieren in der Prä- und Postproduktion durch die verantwortlichen Redakteure Petra Felber, Fatima Abdollahyan, Martin Kowalczyk, die sich mit diesem Format innovativ fühlen, dem BR einen Sinn zu geben glauben und damit Hilfestellung geben wollen für dessen zusehends problematische Legitimation angesichts der undemokratischen Zwangsgebührenfinanzierung.

Mit dem Format schmiegt sich der BR dem Internet an. Allein das passt nicht so ganz zu so einem schwerfälligen Apparat wie dem BR. Für ein wahrheitsgetreueres Abbild dieser Rast- und Gaststättenrealität reichte ein einziger Mensch aus, der mit einem modernen Handy oder mit unauffälliger GoPro (so ist denn die Szene im Auto mit der GoPro eine der überzeugenderen) ganz unauffällig mitdreht.

Und es bräuchte keinen Sender als Produzenten. Das kann heute wirklich ein jeder machen und es dann bei Youtube oder Facebook online setzen und damit der ganzen Welt zugänglich machen. Wobei in diesem Falle der Filter inzwischen an die Network-Betreiber delegiert ist.

Höchst erstaunlich, dass an der B12 Themen wie AfD oder Flüchtlinge ausgespart werden. Beschäftigt das diese Herrschaften kein Bisschen? Wären da nicht womöglich heftige Statements von diesen Protagonisten zu erwarten? Insofern langweilt die Stammtischwelt relativ schnell, wegen dieser massiven Schere im Kopf der Protagonisten, wegen ihrer durch die Aufnahmen massiv frisierten Stammtischwelt.

Womit der BR mit dem Nachhecheln den Medien der Zeit erst recht seine Überflüssigkeit beweist. Hier hat er nichts Aktuelles zu berichten außer einer geschönten, wahrheitsreduzierten Provinzwelt.

Dagegen ist der Film Neben den Gleisen von Dieter Schumann, der über eine S-Bahnhofskneipe in Mecklenburg-Vorpommern berichtet, deutlich spannender. Er hat sich auch menschlich für seine Protagonisten interessiert, ist ihnen näher gekommen, hat sich nicht als BR-Primadonna aufgeführt.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!