Bayern sagenhaft

Voller Leidenschaft und ungefilterter Begeisterung für den Augenfang Bayern hat Joseph Vilsmaier auf eigenes Risiko und ohne jede Förderung und in Zusammenarbeit mit Hannes Burger (Texte) und Monika Gruber (Textperformance) seinen ganz privaten und individuellen Werbefilm für Bayern über einen Zeitraum von 4 Jahren hergestellt und damit das Genre des filmischen Wolpertingers, was ja super zu Bayern passt und den nötigen Humorinput liefert, kreiert (Mix aus SciFi, Spielfilm, Doku, persönlichem Präferenzfilm, Brauchtumsfilm, Begeisterungsfilm, Bayernfilm, Werbefilm für Bayern).

Vilsmaier selbst untertitelt den Film als ‚kurioser Reigen‘. Wäre Vilsmaier 2 Jahre früher dran gewesen, hätte die bayerische Staatsregierung als Imagegeschenk an die Staatschefs bei der G7-Tagung in Elmau auf diesen Film zurückgreifen können und wäre nicht mit dem entsprechenden Auftrag an Hans Steinbichler leer ausgegangen, denn jener Film sei bis zum Gipfeltreffen nicht verfügbar gewesen und es ist auch nicht bekannt, ob er inzwischen fertiggestellt worden ist.

Diesen Film hingegen habe die Ministerin Ilse Aigner bereits über den grünen Klee gelobt und auch 100 Kinos in Bayern wollen ihn spielen. Vilsmaier wird selber den Film immer wieder präsentieren und so den Kontakt zum Publikum pflegen. Das sagte Vilsmaier bei der Pressepräsentation des Filmes im Filmtheater Sendlinger Tor, einem passenden Ambiente mit einer über 100 jährigen Filmvorführtradition und mit einem schnieke hergerichteten kleinen Foyer-Café.

Hannes Burger erklärte anschließend die Doppeldeutigkeit des Titels, dass in Bayern viele Bräuche (und das Brauchtum ist ein Hauptaugenmerk des Filmes) auf heidnische Rituale des Vertreibens des Bösen zurückgehen, welche sich auf Sagen beriefen. Andererseits gelte das Wort im heutigen Sprachgebrauch: sagenhaft. Und Sagenhaftes gibt eine Fotosafari durch Bayern allemal her.

Die Bilder, die aus 24 Stunden Material zu einem 90-Minüter montiert worden sind, orientieren sich grobmaschig am Ablauf eines Jahres und an der Thematik, die immer wieder angesprochen aber nicht vertieft wird, der Vertreibung des Bösen, des Kampfes gegen das Böse.

Für das Publikum aus Bayern dürfte für alle etwas dabei sein – und das gehört ja auch zur Kultur, die Abbildung der eigenen Aktivitäten, der eigenen Landschaften, der eigenen Stadt und der Kirche und der Gegend, der Berge und der Kulturlandschaft vom Wein- bis zum Hopfenanbau.

Aber es wird auch klar, Bayern in 90 Minuten gänzlich zu erfassen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Der Film ist eher ein kursorischer, subjektiver Parcours durch dieses schillernde Land, das, wie der Text sagt, erst durch die Atomkraft aus dem Agrarstaat zum modernen Industriestaat geworden ist.

Der Film streckt sich vom heidnischen Brauch der Vertreibung von Winter und Wölfen durch Glockenlärm und Peitschenknallen über die Mönchskultur, den Barock und das Rokoko und dessen höfische Pracht, das Steinheben in der Tradition des Steirer Hans aus Giesing über Trümmerfrauen aus dem Archiv, dem Wirte-Napoleon oder jüdisches Leben auf dem Bauernhof, über das Bullenrennen, kirchliche Prozessionen, den Himalaya-Park und die Zugspitze, den Weltrekordsemmelknödel bis hin zur ultramodernen Nuklearmedizin und Gehirn-OP mit Robotertechnik.

„Bayern kompakt“ aus der subjektiv-begeisterten Sicht und mit vielen Bekannten des Joseph Vilsmaier. Wenn nur der Hauch einer Prise Karl Valentin beigemengt worden wäre! „An die Klunker merkt man, dass man alt wird“ lässt ein Weltall an Spielraum für jene bayerische Existenzzwidrigkeitphilosophie klaffen.

Tendenz: volkstümelnd. Ein fröhlich-sorgloser Mix an Bilderbegeisterung. So ein Film spielt damit, dass der Zuschauer vor allem darauf achtet, ob seine Gemarkung, seine Region, ob Bekanntes aus seinem Leben darin vorkommt; eine legitime Absicht, die den Radius der Wirksamkeit des Filmes entsprechend eingrenzt.

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