Schneemann

Zum Frösteln.

Nordlicht, nordisches Zwielicht. Der Norden, hier Norwegen, als Landschaft für einen Serienmörder und die Angst vor ihm, als Landschaft des Ungewissen, des Fröstelnlassens.

Serienmörder gibt es genügend im Kino; sie sind beliebt. Vielleicht bebildern diese eine Urlust des Menschen am Töten, die noch nicht abgestorben ist, dank Erziehung, Bildung, Zivilisation und Demokratie jedoch einigermaßen ruhig gestellt.

Es gibt nicht gerade viele Serienmörder, die nur winters morden und dann noch einen Schneemann hinterlassen, der nicht von lustigen Eltern stammt. Hier schon. Und schauderlich, wenn allmählich klar wird, dass der Mörder unter uns lebt.

Hinter ihm her ist Harry Hole (Michael Fassbender). Ihn verbindet mit den meisten Figuren dieses schwindelerregenden Krimis, dass die Familienverhältnisse nicht intakt sind, dass die Väter nicht die Söhne ihrer Väter und nicht mit den Müttern ihrer Söhne oder Töchter zusammen sind.

Schwindelerregend ist der Krimi speziell durch die Kamera, die Fahrten über waghalsige Autobahnstücke und Brücken, die Drohne, die der Gegend immer zusätzliche Bedrohlichkeit abgewinnen kann, das Licht, das immer Raum für diffuse Gefühle lässt, gerne auch mit etwas Nebel, aber nie zu dick. Die Kamera von Dion Beebe entdeckt neue Horrorfacetten eines winterlichen Norwegens.

Auch Harry hat einen Sohn, der nicht sein Sohn ist, denn seine Kollegin und Freundin oder Exfreundin Rakel Fauke (Charlotte Gainsbourg) ist mit einem Arzt, mit Matthias Lund-Helgesen (Jonas Karlsson) zusammen. Matthias kann Harry etwas gegen die Schlaflosigkeit verschreiben, man ist sich ja in den kaputten Familienverhältnissen nicht spinnefeind; obwohl Sohn Oleg (Michael Yates) allzu gerne mit dem Nicht-Vater ins Vater-Sohn-Camp fahren möchte.

Thomas Alfredson (Dame König As Spion) setzt nach dem Buch von Hossein Amini, Peter Straughan, Soren Sveistrup nach dem Roman von Jo Nesbo alle filmischen Mittel ein, um den Zuschauer einzuhüllen in diesen nordischen Schauder, die Musik sowieso, die erstklassigen Schauspieler genauso (die selbstbewusste Charlotte Gainsbourg als eigenwillige Kommissarin, die sich selbst zum Lockvogel macht und nicht weniger als Harry eigeninitiativ handelt), und auch die deutsche Synchronisation trägt ihr Teil zu einem hochspannenden Thriller bei, der vor allem durch seine dichte Atmosphäre zu fesseln vermag und schaurige Details wohldosiert einsetzt.

Ganz nebenbei bewirbt sich Norwegen für die Austragung von olympischen Winterspielen. Es könnte genauso gut in einem filmischen Krimiwettbwerb punkten.

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