Verjuxt.
Ein taffe Stimme befiehlt: „Stehen bleiben!“, macht eine pointenschwangere Gedankenpause und fügt dann mit kleiner, fast flehentlicher Stimme hinzu: „Bitte“. Lacher im Publikum.
Auf einem langen Steg, der an die Zufahrt zu Key West erinnert, will ein Höllenhund den Exodus von Menschen, die ein Raumschiff als rettende Arche erreichen wollen, zum Halten bringen. Aus dem Weltall fällt ein Riese direkt vor diesen Hund, ist zur Größe eines Hundekuchen geschrumpft. Lacher im Publikum.
Diese und viele standardisierte Dialogpointen sind das Feld, auf welchem diese Comic-Verfilmung von Taika Waititi nach dem Buch von Craig Kyle, Christopher Yost, Erica Pearson, nach dem Marvel von Stan Lee, Larry Lieber, Jack Kirby weidet und auch seinen Ertrag einfahren wird. Waiti schaltet auf bewährten Joke-Modus.
Titelheld Thor (Chris Hemsworth) ist ein Leidensmann, aber er hat Humor. Er sieht in manchen Momenten aus wie der Christus. Darauf referiert auch ein Wandgemälde in einem kirchlich anmutenden Monumentalraum. Das Bild ist nachempfunden der frühen christlichen Kirchenmalerei, als die Heiligen und die biblischen Figuren noch mit viel Gold umgeben waren. Thors Blick wohnt ein Hauch Abenteurertum inne.
Thor ist ein Held, auch ein Muskelheld, viele Bilder setzen ihr Augenmerk auf seinen besonders großen rechten Oberarmmuskel; das kommt vom Schwingen des Hammers. Aber just den vermisst er und den braucht er, um aus seiner misslichen Lage am anderen Ende des Universums sich befreien zu können.
Als Leidensmann wird er in der ersten Szene eingeführt, in Ketten verpackt und hängend ; aber schon hier zeigt sich, dass der Inszenierungsstil es auf Pointen und Witz abgesehen hat, auf Lacher durch Dialoge. Die sind professionell hergestellt und dürften im Kino ihren Widerhall finden.
Auf dem Weg zurück in seine Heimat Asgaard stellen sich Thor zwei Stunden lang alle erdenklichen Hindernisse, böse Machtfiguren, Kämpfe und Vertrauensprobleme in den Weg.
Heerscharen von Computeranimateuren hatten alle Hände voll zu tun, um die Leinwand keinen Moment fad oder öde erscheinen zu lassen (an die kürzlich veröffentlichten Bilder von Gravitationswellen kommen sie meiner Meinung nach nicht heran).
Eine Gegenspielerin ist Thors eigene Schwester Hela (Cate Blanchett – sie kann sich auf jenen klassischen Duktus von Prologsprecherei verlassen, wie sie ihn in „Manifesto“ exzessiv praktiziert).
Der Film springt von den Sujets hin und her zwischen den verschiedenen Welten und Planeten von klassizistisch über naturnah über Schrott- und Mummenschanzwelten bis futuristisch, hat im Klassizismus jene Szenen in den großen architektonischen Symbolen der Macht, wie auch der Monumentalfilm sie liebte. Und macht eine lange Zwischenlandung in Gladiatorenwelten wie aus dem alten Rom und dem entsprechenden Massenspektakel.
Damit solche Filme im Kino spannend bleiben, denn sie werden ja in Serie hergestellt, müssen die Computeranimationen immer wilder werden. Das verändert aber auch die Wahrnehmung des Zuschauers. Und wenn die Geschichte nicht extra spannend exponiert wurde – den Eindruck verstärkt lustigerweise die gelungen durchgeführte Pointenintention der Inszenierung – so sehe ich, gerade wegen der Überfülle der Effekte, inzwischen immer häufiger die Darsteller vorm Blue- oder Greenscreen auf leerer Bühne agieren, quasi als Umkehreffekt der Effekte.
Viel Show- und Spektakelraum nimmt der Grandmaster (Jeff Goldblum) als der Direktor der Gladiatorenkämpfe ein. Ein anderer wichtiger Gegner und besonders zwielichtig ist Thors adoptierter Bruder Loki (Tom Hiddleston). Wie überhaupt ein Kern dieser Geschichte die Familiengeschichte ist, dazu gehört auch Thors Vater Odin (Anthony Hopkins), wobei Thor der Erstgeborene ist.
Voluminöse Musik beugt vor gegen allfällige Schwachstellen von Story oder auf der Leinwand. Ansonsten ist das Leben hier ein ewiger Kampf und noch ein Kampf und noch ein Kampf und immer geht es um das Überleben. – Fast wie im richtigen Leben.