Hereinspaziert!

Tempo- und abwechslungsreich exerziert hier bewährtes. französisches Komödienhandwerk lustvoll und glasklar das Stolpern eines linksintellektuellen Autors über die eigenen Moralansprüche durch.

Das neueste Buch „Hereinspaziert“ von Fougerole (Christian Clavier), in welchem er Toleranz Zuwanderern gegenüber predigt, läuft nicht so recht. Seine Agentin schickt in ihn eine TV-Talk-Show, in welcher er sich mit dem Nachwuchsstar Barzach (Marc Arnaud) auseinandersetzen soll. Dieser ringt ihm das Versprechen ab, gemäß der Message seines Buches zu handeln und Roma in bei sich zuhause aufzunehmen.

Roma-Clanoberhaupt Babik (Ary Abittan) sieht das im Fernsehen in seinem Wohnwagen ‚Baronesse‘, fühlt sich angesprochen und eingeladen. Er taucht vorm Tor zum großzügigen Anwesen von Fougerole auf, pocht auf die versprochene Gastfreundschaft. Fougerole windet sich mit den faulsten Ausreden. Babiks Drohung mit den Medien erinnert ihn schlagartig an seine tolerante Moral. Er kann nicht umhin, dem Wunsch Babiks zu entsprechen, seinen Wohnwagen im Garten abstellen zu dürfen, inklusive vielköpfiger Familie.

Fougeroles Frau Daphné (Els Zylberstein) hat die größeren Probleme. Sie hält sich für eine bildende Künstlerin. Sie arbeitet gerade am Triptichon „Weggehen“ und braucht den Raum und die Ruhe für ihre Inspiration.

Fougeroles Agentin wittert die Chance für einen PR-Coup, der sich auf die Verkaufszaheln positiv auswirken würde. Also muss diese Gastfreundschaft öffentlich gemacht werden. Komisch genug für sich, allein wie Diener Ravi (Armen Georgian) weggeschummelt werden muss.

So beißen sich denn die Fougeroles ständig knirschend auf die Zähne, versuchen sich ihrer linken Jugendideale zu erinnern. Dem Buch hilft es. Und da Philippe de Chauveron schon eine erfolgreiche Vorurteilskomödie (Monsieur Claude und seine Töchter) gemacht hat, besteht kein Grund zur Sorge, dass der Film so gemütlich rührselig – und irgendwie auch verlogen – wird wie das deutsche Gegenstück Willkommen bei den Hartmanns in welchem just eher links anzusiedelnde Künstler diese Wilkommenskultur predigen, im Interview zum Film aber treuherzig zu verstehen gegeben haben, dass sie in ihren Villen in Grünwald oder am Starnberger See niemanden aufnehmen können, da sie zu oft nicht da seien: genau dieses Argument entkräftet Babik; denn selbstverständlich sind die Fougeroles gar nicht so viel anders als ihre deutschen Pendants; gerne links im Wort, aber zuhause hält man sich einen Diener.

Das Drehbuch von Guy Laurent und Marc de Chauveron kennt kein Pardon, erspart seinen Möchtegerntoleranzlern auch Roma-Kopfnüße nicht. Es arbeitet sich französisch-rational an der Mechanik solcher Vorurteile und intellektueller Präpotenz ab. Das macht zwar vieles vorhersehbar. Aber da es konsequent ist, dürfte es den Genuss nicht mindern, was ich von der deutschen Synchronisation nicht unbedingt behaupten möchte.

Es gibt pikante Details, die die Geschichte würzen. Nebst dem indischen Diener Ravi den die Fougeroles beschäftigen, ist da dieser Pleite-Typ, der sich bei den Roma eingeschlichen hat. Es gibt Details wie dasjenige, dass die Roma sich zum Betteln als Peruaner verkleiden; und Fougerole darf sie in seinem Wagen zur ‚Arbeit‘ fahren. Da ist der halbwüchsige Sohn Lionel (Oscar Berthe) von den Fougeroles, der sich in das Zigeunermädchen Lulughia (Nikita Dragomir) verliebt. Oh Jungerfernhäutchen, oh Jungerfernhäutchen, jetzt bist du aber in Gefahr. Oder Crouch (Inan Cicek), der mit bloßen Händen Maulwürfe fängt – 3 Stück in der Stunde.

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