Logan Lucky

Provinz first!

Steven Soderbergh wirft in diesem unabhängig gedrehten Film nach dem Drehbuch von Rebecca Blunt, die aus West Virginia kommt, einen liebevollen, nichtsdestotrotz mit Argusaugen scharf beobachtenden Blick auf Amerika als Provinz.

Ihm schwante wohl, was mit dem neuen Präsidenten auf das Land zukommt. Dass Provinzialität Urständ feiern wird.

Zwei Brüder aus einer vom Pech verfolgten Familie sind die Hauptfiguren. Jimmy Logan (Channing Tatum) und Clyde (Adam Driver). Clyde hat im Irakkrieg einen Unterarm verloren und arbeitet als Barkeeper während Jimmy eine Karriere als Footballstar wegen einem Unfall verpasst, seither humpelt er. Er arbeitet in einem Bergwerk und ist eben gekündigt worden. Versehrte Brüder.

Der Film spielt in Boon County West Virginia und schwappt auch nach North Carolina über.

Aller Provinz zum Trotz, einer der Brüder oder beide zusammen, müssen eine große Portion Hirn haben. Sie, die Einbrecher-Nonprofis, hecken einen ausgetüftelten Bruch aus. Sie nehmen sich die Einnahmen des NASCAR Autroennens am Charlotte Motor Speedway vor.

Dazu setzen sie ein Netzwerk aus Bekannten und Verwandten ein. Alles ebenfalls die wunderbarst beobachteten und inszenierten Provinzfiguren. Ganz wichtig wird Joe Bang (Daniel Craig, der platzt schier vor Spaß, diesen Prolo-Knasttypen wie aus dem echten Leben zu spielen, bis in die letzte Faser glaubwürdig).

Bang sitzt aber im Knast, was zusätzliche Vorbereitungen und Tricks erfordert. Diese lassen bei der Durchführung extrem schön die verschlafene Haltung von Wachpersonal und Verantwortlichen aufscheinen.

Der Knastdirektor lässt, egal was passiert (Ausbruch, Aufstand, Feuer), nur seine monotone Standardformel los, in Monroe Correctional Complex passiert sowas nicht. Sätze, die sich nicht nur aus der Provinz, sondern bis in die Hohe Politik oder bei uns in die Spitzen der Automobilindustrie hinein vertraut anhören.

Ein Vergnügen zum Schauen sind die diversen Pannen, die bei der Vorbereitung und der Durchführung des Bruches passieren, der sich das interne Rohrpostsystem des Veranstalters plus bergmännisches Wissen zunutze macht. Und auch da ist bemerkenswert, wie gelangweilt die Verantwortlichen reagieren, wie zum Beispiel plötzlich Rauch aus einem Lüftungsschacht dringt.

Nach dem Bruch, der grosso Modo erfolgreich verläuft, das darf ruhig verraten werden, gibt es allerdings Probleme für den Veranstalter, der überhaupt nicht sagen kann, wie groß der Verlust ist, der ins Stottern kommt, wie das FBI mit der taffen Agentin Sara Grayson (Hilary Swank) den Tatsachen – und genauen Zahlen – auf den Grund fühlen will.

Ebenso wird ein Team von Rennfahrern charakterisiert, das sich großkotzig gibt, das bei einer Auseinandersetzung, die auch nicht an die Öffentlichkeit soll, zwei der Ganoven begegnet sein will.

Ein Nebenstrang ist die Familie von Jimmy. Seine Frau ist längst mit einem anderen Typen zugange. Aber er ist vernarrt in sein Töchterchen. Dieses will an einem Karaoke-Wettbewerb teilnehmen: hier wirft Soderbergh einen messerscharfen Blick auf das Unwesen des Kinderstartums, das in Amerikas Provinz grassiert. Wobei das Töchterchen unbedingt „Umbrella“ von Rihanna singen will und auch frei herausplappert, wofür das Bild des Schirmes hier steht. Ziel ist es: Miss Pretty West Virginia zu werden. So jung und schon so verdorben. Auch das ist Provinz.

Oder Soderbergh zeichnet genüsslich die Provinzialität des ganzen Werbezirkus um so ein Autorennen herum, mit wenigen Federstrichen. Und was hatte es mit der „Blumenkohl“-Beleidigung auf sich?

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