Barry Seal: Only in America

Ziemlich üble Dinge hat sich Amerika – und tut es wohl heute noch – in anderen Ländern geleistet. Hier im Film von Doug Liman nach dem Drehbuch von Gary Spinelli und „nach einer wahren Geschichte“ geht es um die 80er Jahre, darum, was die USA in Lateinamerika so alles verbrochen haben; aber nicht nur die USA, sondern genauso die Drogenbarone, die Contras oder die Sandinisten (Contra-Krieg) und viele andere auch.

Es geht um Drogenhandel, Waffenschiebereien und Geldwäsche im großen Stil. Aber der Film will nicht richten über die Zeit. Er pickt sich einen eher zufälligen Gewinnler der verworrenen, kriminellen Situation heraus, den Flieger Barry Seal (Tom Cruise und prima auf Deutsch nachsynchronisiert von Patrick Winczewski; wie überhaupt die Synchro sich hören lassen kann!). Eine schnell und leichthändig aneinandergereihte Chronologie.

Seal ist ein Grinsetyp und Linienpilot, dem der Unsinn nicht nur ins Gesicht geschrieben steht. Er wird präsentiert bei einem Routineflug, wie er den Autopiloten abstellt und zum Schock der Passagiere größere Turbulenzen simuliert.

Mit seinem halbschlauen Charakter und der Verführbarkeit zu Irregulärem fällt er der CIA auf. Ein Mann namens Monty Shafer (Domhnall Gleeson), rothaarig und kumpelhafter Typ spricht, Barry Seal an, offeriert ihm die Leitung einer eigenen Firma mit dem besten der aktuell verfügbaren zweimotorigen Propellerflugzeuge.

Die Firma ist nur schlecht und mit einer Buchstabenumstellung als zum CIA gehörig getarnt. Er soll er mit dem Flugzeug in Lateinamerika, Panama, Honduras, El Salvador, Nicaragua Fotos schießen. Der CIA ist begeistert.

Aber auch die Drogenwelt nimmt ihn wahr und bringt ihn bald und lukrativ dazu, über kleine Umwege bei den Fotoshootings im Süden Drogen aufzunehmen und sie in den USA abzuwerfen.

Da Cruise hier eine Figur spielt, die wie nicht ganz backen wirkt, den auf eine Weise keiner richtig ernst nimmt mit seinem scheelen Dauerlächeln, der aber immer wieder abenteuerliche Flugkünste beweist, fallen ihm immer weitere Jobs zu.

Über Nacht muss er samt Familie nach Mena umziehen. Seine Frau, auch eine ähnlich scheele Figur, kapiert schnell, nachdem sie die ersten Geldbündel sieht.

In Mena ist Seal Besitzer eines richtigen Flugplatzes. Er baute das Geschäft mächtig aus, stellt immer mehr Flieger ein. Sie führen ihre Schmuggelflüge in der Gruppe aus. Seal bekommt vom CIA die nötigen Karten, wie er unter und zwischen den diversen Überwachungen hindurchfliegen kann.

Bald weiß Seal nicht mehr wohin mit dem Geld. Die Ortschaft quillt über, Banken sprießen aus dem Boden wie Krokusse im Herbst, dass man meinen könnte Mario Draghi sei am Werk. Jetzt ist der Film etwa eine Stunde alt und es waren viele schöne Fliegereien zu sehen in schneller Abfolge, die Erzählweise ist smart, aber irgendwie fängt der Film jetzt an, sich zu ziehen. Seal entwickelt sich nicht. Er entwickelt auch keine Zukunftsperspektive. Er ist gehetzt zwischen einer ganzen Anzahl öffentlicher Telefonapparate, die er mit Bergen von Münzen füllen muss, um all die dubiosen Kontakte aufrecht zu erhalten, die Orders entgegenzunehmen.

Die zweite Stunde erzählt, wie sich die Schlinge um ihn zuzieht, wie er geschickt immer wieder den Kopf rausbekommt. Weil die Interessen seiner unterschiedlichen Auftraggeber und auch der vielfältigen amerikanischen Geheimdienste so divergent sind, dass einer ihm immer wieder hilft, weil er gut zu gebrauchen ist: er denkt nicht nach und kann gut fliegen, ein nützlicher Idiot: der Gringo, der immer liefert.

Insofern ist die Figur wiederum nicht im geringsten abendfüllend und so bleibt der Film ein nettes Rosinchen aus einem traurigen US-Geschichtskapitel. Tom Cruise sorgt dafür, dass nichts staatstragend wird. Gleichzeitig erspart er uns netterweise den Anblick seines entblößten Körpers (bis auf kurz mal den Hintern) und verbissener sportiver Bemühungen. Das ist doch auch schon was.

Seine Lebenserzählung direkt in die Super-8-Kamera am jeweiligen Ende eines Sozialdiensttages (von denen ihm 120 aufgebrummt werden, und während derer er täglich sein Motel wechselt aus Angst vor der Rache der Drogenbarone) fallen so auch nicht besonders ins Gewicht.

Es gibt noch ein paar schön schräge Figuren: Sherif Joe Downing (Jesse Plemons) von Mena oder J.B. (Caleb Landry Jones) der halbgare Jüngling und eine Art Achillesferse für Barry Seal, da der Junge hinter Geldverstecke kommt und zu viel weiß und unkontrollierbar scheint.

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