Robert Doisneau – Das Auge von Paris

Kurz, schmerzlos, informativ ist diese Innenansicht eines Biopics des berühmten Fotografen Robert Doisneau durch seine Enkelin Clémentine Deroudille.

Sie ist mit ihm aufgewachsen in einem Haus, das Familienort und Atelier zugleich war. Und es war eine Selbstverständlichkeit, dass seine Familie seine Modelle spielten bei inszenierten Fotos. Wenn er Fotos entwickelte im Badezimmer, so konnte nicht gebadet werden.

Das Haus, das er damals mit seiner Frau Pierrette als Wohn- und Atelierhaus bezog, beherbergt heute das Archiv mit seinem Bildern, die Nachlassverwaltung, die in den Händen der Nachfahren ist.

Clémentine Deroudille prescht nach der Chronologie durch das Leben ihres Opas, der, so sehr er die Familie mochte, praktisch immer am Arbeiten war. Geboren ist er 1912, gestorben 1994 als weltberühmter Fotograf, mit Sammlern und Galerien in aller Welt, was ihn selbst wohl am meisten amüsierte, wie die Enkelin meint.

Er hat das Leben und die Fotografie ernst genommen, aber nicht tierisch ernst. Er wird als humanistischer Fotograf bezeichnet. Er hat keine Berührungsängste zu den verschiedensten Genres, Titelbilder für Life oder die Vogue, Modefotografie oder auch Architekturfotografie vorstädtischer Hochhäuser. Ganz am Anfang war er 5 Jahre lang bei Renault als Werksfotograf tätig mit Stempelkarte.

Dann macht er sich selbstständig mit seiner jungen Frau. Ein Thema, was sein Werk durchzieht, ist Paris, sind seine Vororte. Er freundet sich mit anderen Künstlern an, Fotografen, Schrifttsteller, Schauspieler, er gibt Bildbände heraus.

Ein inszeniertes Straßenfoto, ein küssendes Paar mitten in Paris, hat erst Jahre später Furore gemacht, ist weltberühmt geworden, so weit, dass sich Leute das Bild sogar auf die Haut tättowieren ließen.

Der Film ist ein Schnelldurchlauf durch sein beeindruckendes Werk. Dies ergänzt durch Archivfootage von Interviews bis zur Talkshow mit Susan Sonntag, von Dokumenten über ihn als Fotografen und von Statements seiner Tochter, einer Schauspielerin, eins Sammlers, einer Galeristin etc, alles knapp und bündig und generell in schnellem Redetempo, es sprudeln die Texte und Paris sprudelt aus den Bildern in diesem Film über die Leinwand.

Ursprünglich will er die aussterbende Kunst des Kupferstechers lernen – wie signifikant. Bemerkenswert und charakteristisch ist, wie er die Naziokkupation fotografiert: er weigert sich, die Besatzer und ihre Insignien abzulichten, stattdessen leere Straßen oder ein Pferd, das auf dem Boden liegt. Da könnte sich so manch einer ein Beispiel dran nehmen in den heutigen Medien, mit welchem Brimborium die heutigen Tyrannen und Usurpatoren in die Medien und auf die Titelseiten gelangen, wie leicht es ist als Terrorist, auf die Titelseiten zu gelangen – zuletzt wieder Putin (oder ein Körperdouble von ihm) mit nacktem Oberkörper. Doisneau hat dem Bösen keinen roten Teppich ausgelegt.

Was ist die Fotografie heute dokumentarisch noch wert, heute, wo jeder mit seinem Handy alles einfangen kann?

Doisneaus Leitfaden für den Fotografen, er habe zu sein: neugierig, ungehorsam, geduldig.

Familienmensch vor Karrierist: wie seine Frau ins Pflegeheim kommt, nimmt er nur noch Aufträge an in einem Radius von Zuhause, der es ihm ermöglicht sein Frau auch mittags zu besuchen.

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