Die Geschichte der Liebe

Die unerfüllte Geschichte der Liebe von Leo Gursky (Derek Jacobi) und Alma Singer, später Mereminski (erst Sophie Nélisse, dann Gemma Arterton). Leo ist einer von den drei Jungs im Stedtl in Polen, die um die Gunst von Alma buhlen. Sie will sich nach der literarischen Qualität der potentiellen Dichter entscheiden, nebst Leo noch Zvi Litvinoff (Claudiu Maier) und Bruno Leibovitch (Elliott Gould).

Das Wort Nazizeit kommt in diesem Film von Radu Mihaileanu nach dem Roman „Die Geschichte der Liebe“ von Nicole Krauss nicht vor, nur das Stedtl. Im Krieg aber wurzelt die Geschichte, vertreibt die Menschen aus Polen, lässt sie sich aus den Augen verlieren – und wiederfinden, Stoff für große Geschichten.

Alma entscheidet sich für Leo. Sie flieht nach N.Y. Der Briefwechsel bricht ab. Die drei Freunde emigrieren auch nach New York, später. Zvi bekommt keine Einreiseerlaubnis und macht in Chile Karriere als Dichter.

Alma ist inzwischen verheiratet. Sie will dem Kind von Leo, das schon unterwegs ist, eine Familie und einen Vater bieten. Das Kind soll nie erfahren, wer der richtige Vater ist. Leo schreibt die Geschichte auf. Veröffentlichen tut sie ein anderer – Zvi in Chile und auf Spanisch.

Jahre später soll die Geschichte ins Englische übersetzt werden. Die Übesetzerin ist ein Fan des spanischen Originals immer schon gewesen. Sie tauft ihr Töchterchen, das in der jüngsten Spielphase des Filmes, 2006, pubertierend ist, Alma.

Das ist in etwa der Ansatz der Story, die der Zuschauer aus dem Film wie aus einem Vexierbild herausklauben muss. Denn Mihaileanu springt in seiner Drehbuchbearbeitung ständig zwischen der Zeit des Krieges, der Anfangszeit in New York, 1996 und dann 2006 und auch zwischen der Geschichte der Übersetzerin und dem Autor hin und her.

Wobei je nach Zeitpunkt auch verschiedene Darsteller die Rollen verkörpern. Dadurch entsteht eine gewisse Erzählnervosität, der Zuschauer wird durch Zeit- und Storyfäden durchgeschüttelt und -gerüttelt und versucht jedes Storyteilchen, das er erwischen kann, selbst zu verknüpfen.

Das ist vielleicht das Problem dieser Romanumarbeitung fürs Kino, dass Mihaileanu sich nicht auf einen Protagonisten oder eine Protagonistin konzentrieren wollte und dieser Figur genau durch den Lebensweg folgt. Das verursacht eine gewisse Storykonfusion. Dieser wiederum will er mit empathischer Musik und auch im Inszenatorischen mit viel Pathos begegnen, ständig ist zu spüren, wie wichtig ihm die Geschichte ist, das ist der Untertext, den er aufdringlich mitinszeniert.

Darunter leiden Vermittlung und Nachvollziehbarkeit der Story, obwohl er mitteilt, dass es sich um eine erzählenswerte Geschichte handelt. Ich denke, sie würde nicht an ihrer menschlich-literarischen Qualität leiden, wenn sie gradliniger einer Figur gefolgt wäre.

Gegen das Emphatische arbeitet die schmerzhaft sterile deutsche Synchro, deren Regie zwar jegliches Nuscheln eliminiert, was aber nicht gegen die Drehbuchdefizite hilft, diese vielleicht nur noch klarer herausstellt und auch wie ein Hammer gegen die emphatische Intention des Erzählers wirkt. Wobei der Beruf als Mann vom Schlüsseldienst von Leo nicht nur reizvoll ist, sondern auch zu einem dramaturgisch wichtigen Kniff wird.

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