Das Löwenmädchen

Universelles Erzählkino aus Norwegen zum Thema Außenseitertum, Einsamkeit und Toleranz.

Die Geburt von Eva ist schwer. Die Mutter stirbt im Kindsbett. Der Vater ist der Stationsvorsteher Gustav Actander (Rolf Lassgard), ein wenig kommunikativer, wortkarger Mann. Er behält sein Leiden, auch sein Glück, lieber für sich. Er muss nicht nur mit dem Tod seiner Frau umgehen. Sein Kind ist ein Freak, ein Löwenkind, hat Haare am ganzen Körper und im Gesicht. Das ahnt der Zuschauer zwar sofort, sehen tut er es erst später.

Vibeke Idsoe erzählt die Geschichte nach dem Roman von Erik Fosnes Hansen als eine ruhige Bildergeschichte mit konsequentem Fortgang und genauer Beobachtung der Figuren, die alle ein Fundament und einen Hintergrund und eine Eigenheit haben.

Allein die Amme Hannah (Kjersti Tveteras), ihr Auftritt, ihr Blick, ihre Frisur. Sie hat selbst Bitteres erlebt, ein Kind verloren. Vater Gustav will das Kind vor der Öffentlichkeit verstecken. Es lebt geborgen in der liebevoll eingerichteten Bahnvorstandswohnung im ersten Stock der kleinen Bahnstation. Der Film spielt im frühen 20. Jahrhundert.

Das Mädchen entdeckt früh seine Begabung für Zahlen und lernt zuhause. Mit 7 Jahren führt Papa Eva (Aurora Lindseth Lokka) stolz zum dörflichen Weinhachtsbaumfest. Zum Erstaunen der Umwelt. Gleich gibt es Probleme.

Mit 14 (Mathilde Thoine Storm) ist Eva ein attraktives Mädchen. Sie freundet sich mit Funke, dem jungen Bahnangestellten an. Erbringt ihr das Morsen bei.

Nach einem weiteren Zeitsprung ist Eva 23 (Ida Ursin-Holm). Sie kommt mit einer Freak-Show in Kontakt, einer Art Wanderzirkus. Sie reißt aus von Zuhause und verdient sich ein gutes Geld mit einem Auftritt im Programm. Wozu sie diese Geld dann einsetzt, das dürfte eine Überraschung sein und ein unglaublicher Schritt auf dem Weg generell der weiblichen Emanzipation.

Die deutsche Synchro ist sorgsam und feinfühlig.

Auch die Wissenschaft interessiert sich für Eva. Sie wird zu einen Kongress in Kopenhagen eingeladen und dort vorgeführt; der Weg dahin wird mit einer Speisewagenszene attraktiv gemacht. Detail am Rande: die Wissenschaftler, allesamt Männer, sind alle bärtig und sehen Eva gar nicht so unähnlich. Und nicht nur die Wissenschaftler.

Den ersten Teil der Spannung erzeugt Idsoe, indem sie die Einsamkeit des Mädchens schildert. Der Vater sperrt sie bei Vergehen gegen die Tabus bezüglich Öffentlichkeit in ein kleines Kämmerchen. Man wünscht ihr, einen Freund oder eine Freundin zu bekommen.

So ist die Zuschauerperspektive für ihre Begegnungen mit anderen Menschen speziell. Gustav hat eine künstlerische Ader, er zeichnet Eisenbahnwaggons. Auch den Weg der Gerüchte beobachtet Idsoe ruhig, ganz unklischiert, bei der Beerdigung der Mutter sagt ein Schmierant zu einem anderen, das sei wohl keine Beerdigung, sondern ein Ablenkungsmanöver. Später wird Eva auch Mobbingerlebnisse haben. Nichts jedoch kann sie daran hindern, ihren Weg zu gehen.

2 Gedanken zu „Das Löwenmädchen“

  1. Kleiner Tipp: Der Start von „Das Löwenmädchen“ wurde schon vor einigen Wochen auf den 31.08. verschoben

  2. Danke Lutz Gräfe,
    der Tipp hat mich leider vorher nicht erreicht.
    Ich werde am 31.08 auf die Review verlinken.

    stefe

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