Das ist schon wieder zu viel, gleich drei abendfüllende Themen in einem und das außerdem noch so plakativ ausgestellt präsentiert, dass sie kristallklar von der Leinwand heraustreten.
Der Schauspieler Stefan (Lucas Grgrowicz) muss sich mit dem Tod seines Vaters beschäftigen, dieses Nicht-Verhältnis aufarbeiten. Deshalb reist er aus München zu seinem Herkunftsort Bochum. Dort begegnet er seinem zweiten unverdauten Thema, der Liebe zu seiner Ex Charly (Anna Bederke) und drittens will uns Sönke Wortmann nach dem Roman von Frank Goosen klar machen, wie leicht man Stories finden könne, sie lägen auf der Straße, lässt er uns schon im Film und ganz am Schluss nach dem Abspann, wenn schon kaum mehr jemand im Saal ist, von Toto (Nicholas Bodeux) in einem Ruhrpott-Witz erzählen, die Sache von seinem Opa, dem Hund und der Jacke, die er nicht ausziehen konnte.
Also auch ein Film übers Filmemachen und das Storyfinden, ferner als weiteres Thema ein Ruhrpott-Film (der dritte in kurzer Zeit: das ebenfalls überstrapazierte Radio Heimat und von Adolf Winkelmann dessen Altmeisterwerk Junges Licht); aber der Film zeigt auch, dass man das eben können muss, auch wenn es verschiedene Stories sind, die Stefan bei seinem Aufenthalt in Bochum vorfindet, diese spannend zu verbinden.
Es fängt atemlos an mit der ersten, ellenlangen Einstellung aus einer Aufführung von Schillers Räubern im Residenztheater (nach einem establishing Shot über München), in der Stefan den Franz Moor spielt, über seinen Abgang von der Bühne in die Garderobe, die Durchsage, ein Anruf für ihn, sein Gang zur Portiersloge und sein kopfloses Hinausrennen in die Stadt im Kostüm zum Bahnhof; offenbar ist er im Stück bereits abgespielt.
Dann wird’s ein bisschen kopflos, denn realistischerweise würde der Schauspieler spätestens bei den vielen Stunden im ICE sich provisorisch abschminken und versuchen, sich zu zivilisieren, da Maske und Kostüm extravagant räuberhaft sind. Er tut dies erst lange nach seiner Ankunft in Bochum.
Gerade weil Wortmann seine Szenen mit werbegeschulter Präzision ausstellt, leider auch die vorwiegend unnüancierten Dialoge, fällt es einem relativ leicht, die Szenen zu rekapitulieren, doch die Probleme fallen umso deutlicher auf.
Auch das Esszimmer, was Stefan zuhause vorfindet. Der Vater sei beim Essen vom Stuhl gefallen. So ist zwar die Leiche bereits abgeholt worden, aber der Stuhl liegt unberührt da. Das scheint mir gegen die Lebenserfahrung, genauso, wie dass das Essen noch halb angetastet auf dem Tisch steht.
Durch dieses plakativ Werbebotschafthafte leidet der Gesamtfluss, der ständig durch aufgeregte Gitrrenzupferei auf der Tonspur gehemmt wird, der Bogen, dass München wartet, dass die Handlung an einem Wochenede stattfindet, ist nicht spürbar, da helfen die eingeschobenen Tagesangaben von Freitag bis Montag nicht. Es wird eine beliebige Ansammlung von Reminiszenz- und Heimkehrer-Szenen, von Fundstücken laut der hier verbreiteten Stofftheorie, die zwar präzise herausgearbeitete, oft aber klischeehafte Ruhrpottschilderungen sind.
Ein Running-Gag in Bochum sind die Schauspielerprivatismen. Wortmann liebt die Schauspieler, mit „Kleine Haie“, einem Schauspielerfilm, hat er 1992 seinen Durchbruch gehabt und später mit dem „Wunder von Bern“ bereits einen Ruhrpott-Film geliefert. Ein running Gag also sind die ständigen Fragen an Stefan, ach du bist Schauspieler, muss man dich kennen, hat man dich am Fernsehen gesehen?. Die kommen abgedroschen rüber.
Wortmann liebt die Schauspieler. Schreibt seinem Protagonisten eine beruflich schwierige Situation zu. Er ist nach 8 Jahren am Residenztheater nicht verlängert worden, das heißt, sein Vertrag läuft Ende der Spielzeit aus. Bis dahin sollte er was Neues suchen. Aber seine Agentin, ihre Telefonstimme wirkt real, hat bereits eine Soap an Land gezogen, die Rolle des Dr. Heidenreich in der Forstklinik. Dazu gibt es eine illustrative Traumszene.
Lucas Gregorowicz spielt diesen gestörten und vatergestörten Schauspieler wie echt. Neben ihm glänzt vor allem Jasna Fritzi Bauer als Mandy, die auch noch einen Auftritt als Sängerin hinlegt. Teils sind die Schauspieler vielleicht etwas gestresst mit der wenig psychologischen Arbeit von Wortmann, am extremsten Stefans Ex Charly (Anna Bederke). Andererseits gibt es gute Ruhrpott-Typen.
Kleine Zechenbesichtigung mit seinem Freund Frank (Peter Jordan).
Bestatter-Gespräch, wie Schulungsfilm. Poetisch das Autobahngedicht.
Döner bei Hassan. Sein Sohn Murat, Glanzauftritt: Fußballstar: auch hier das Gerede darüber. Original-Prolotypen, das ist ganz interessant zu vergleichen, sind im Film Neben den Gleisen zu sehen, der zwar weiter östlich spielt.
Das ist schon wieder zu viel, gleich drei abendfüllende Themen in einem und das außerdem noch so plakativ ausgestellt präsentiert, dass sie kristallklar von der Leinwand heraustreten. Der Schauspieler Stefan...