Die Reste meines Lebens

Reutlinger Str. 54, Karlsruhe,

ist der Ort für ein düster-schwermütiges Movie aus Baden-Württemberg mit wenig Licht, anstrengend für die Augen und fürs Hirn; die Wurst ganz vom Boden auflesen und dann nicht trauern können, das ergibt kein gutes Ende.

Es geht Jens Wischnewski, der mit Julia C. Kaiser auch das Drehbuch geschrieben hat, um die Illustrationen von Bonmots des Opas von Schimon May (gut trainierter Sprecher: Christoph Letkowski). Es geht um Aberglauben (zähle bis zehn) und den Umgang mit Unglück, dass sich erst am Ende zeigt, wozu ein Unglück gut sein kann (vergleiche den indischen Film vom Kamel).

Und es geht um das Einfangen von Tönen, ein Thema, das im Rudimentären stecken bleibt, aber ein paar schöne Bilder abgibt und was von der Vertonungsabteilung unter Peter Thomas Gromer so interpretiert wurde, dass der anfänglich nervig eingesetzte Zupfsound auf den Zuschauer so wirkt, als habe er Kopfhörer auf und die seien zu laut, so dass er die Außenwelt nur fragmentarisch mitkriegt, das was schon von der Geschichte her bruchstückhaft ist.

Schimon ist verheiratet, seine Frau schwanger, er, das wird erst im Laufe des Filmes nach und nach preisgegeben, arbeitet in L.A. in einem Musikstudio. Nachdem sein Vater einen Schlaganfall erlitten hat, entscheidet er sich zur Rückkehr in die Reutlinger Str. 54. Irgendwann im Film stirbt seine Frau Jella (Karoline Bär) an Ersticktem, nachdem sie anfangs schon gestorben ist und Schimon dirigiert innert zweier Wochen eine Studio-Swing-Musik, um an einem Wettbewerb für Toilettenwerbung teilnzunehmen. Das alles wirkt so erfunden wie die Figuren selber, die zur Illustration von Opas Weisheiten herhalten müssen.

Somit fehlt es an fundierter Drehbuchgrundlage und Figurfundementen, so dass zu oft der Satz vorkommt, was macht ihr hier, was ist hier los, also da lernt er schon Milena oder Jella kennen, bei dem Dunkel und dem Zeitverschnitt mit Rückblenden nicht mehr zu unterscheiden Luise Heyer als Milena oder Jella und hops ist er drehbuchfit mit ihr im Bett.

Das führt zu schülerhaft brav entwickelten Schockszenen im Elternhaus und auch Slapstick ist angedacht, wie die Schwiegereltern bereits ruckzuck nach dem Tod eine geschmacklose Statue in der Reutlinger Strasse 54 vorbeibringen, das denunziert diese Figuren mächtig, und wie sie versuchen, diese zu tragen, das ist miserabel inszeniert und unglaubwürdig bis dorthinaus, nur damit sie die neue Liebschaft von Schimon im Kofferraum vorfinden, zur Erheiterung von wem?

Das Sounddepartement wandelt meistens auf eigenmächtigen Spuren, hat das Thema des Filmes, so sich auf eines zu einigen ist, in den falschen Hals gekriegt.

Ach so, ja, alles im Leben hat einen Sinn, so wird denn wohl auch dieser Film einen haben, die Lehrkräfte der Filmakademie Baden-Württemberg soll er befriedigen, die Fernseh- und Filmförderer, die Fernsehredakteure – insofern hat auch dieser Film einen Sinn.

Er unterstützt als Produkt der Filmlehrbarkeitsideologie die Existenz von Filmlehrinstituten und Vater ist nach dem Schlaganfall gelähmt und muss das auch noch spielen mit Rollstuhl und Treppenlift. Was der Sinn so weltfremd erfundener Figuren ist und der entsprechend zwar gesetzten, aber nicht glaubwürdigen Dialoge, das erschließt sich mir allerdings nicht.

Trotzdem kann das Schicksal sehr böse spielen: der Frachter, auf dem Jella nach Europa übersetzen wollte mit dem Frachtcontainer mit dem Mobiliar, der nur ankommt aber nie gepackt wird oder aufgegeben, der ist gesunken; es hätte Milena also einen anderen Tod erwartet. So hat eben alles einen Sinn. Oder man gibt ihn.

Pädagogisch wertvoller Input: Die neue Freundin war Bildhauerin in L.A. und ist jetzt Klinikclown für todkranke Kinder in Deutschland. Ergibt alles einen Sinn. Und auch die Karikaturen von Marketing-Leuten des Toilettenehrstellers müssen einen Sinn machen. Oder man spült den Sinn die Toilette hinunter. Das macht dann auch wieder Sinn.

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