Rosemari

In diesem Spielfilm von Sara Johnson erhält der Begriff Stand-In plötzlich eine doppelte Bedeutung und in dieser existenziell schalkhaften Tiefgang, wie ihre zweite Protagonistin, die Journalistin Unn Tove (Tuva Novotny), eine Dokumentation über die hier zu recherchierende Geschichte machen lässt.

Bei ihrer Hochzeit mit ihrer nicht biologischen Liebe findet die Journalistin als Braut auf der Toilette ein eben entbundenes Baby. 15 Jahre später ist sie selber Mutter von zwei munteren Töchterchen, ist aber etwas frustriert; Bronté Wuthering Heigths, wie vielseitig empfohlen, kann ihr nicht helfen. Midlife-Crisis.

Da taucht ein Mädel vor ihrem Haus auf (Ruby Dagnall), ob sie ein Gärtnerpraktikum machen könne. Es wird sich herausstellen, dass es sich um eben jenes Findelkind von Unn Toves Hochzeit handelt, Rosemari. Die sucht nach ihren wahren Eltern, nach ihrer Geschichte.

Die Filmemacherin Sara Johnson benutzt dieses Leitmotiv, um in unspektakulärer Weise in der Art eines Homevideos, das den Figuren Zeit zu sein und bei sich zu sein lässt, dieses aber auch keinesfalls zelebriert, schräge Spots auf existentielle Grundkonstanten wie Zeugung, Identität, Liebe, Pornographie, (und wohl auch den Sinn des Lebens wie seiner Lächerlichkeit und zufälligen Beliebigkeit) zu werfen. Denn Rosemari ist keinesfalls das Produkt echter Liebe, ist alles andere als ein Wunschkind. Es sind immer wieder überraschende Entdeckungen, die das burschikose Mädel, das keine Jungfrau mehr ist, macht.

Die Chefredakteurin des Lokalsenders, Hilder (Laila Goody), die hält den Laden, der diese Recherche-Produktion stemmt, die weit über den Bereich des norwegischen Lokalsenders hinausgeht, mit einer Art mütterlicher Jovialität zusammen.

Vermutlich ist es kein Zufall, dass Rosemaris Adoptivvater, der mit seiner Frau eine Gärtnerei betreibt, stumm ist. Die deutsche Synchro hört sich an, als habe sie vorher Halsschmeichler genommen, zu vermuten, dass sie bei der unaufgeregten Schrägheit dieser Perspektiven, was ist das Leben, was bin ich, keinen Lachanfall bekommen haben, also die haben sozusagen zusammengehalten mit dem Vorbild.

Trotzdem wirkt der Film wie breitfüßiger Watschel-Alltag; dadurch aber umso mehr als eine ganz persönliche, intime Geschichte, bei all ihrem Erfindungsreichtum. Hier begegnen sich das Messer einer Hochzeitstorte und eine nicht gekappte Nabelschnur mit einer Selbstverständlichkeit, als seien sie füreinander konstruiert und bestimmt.

Lediglich für einen Provinz-Lokal-TV-Sender produziert. Auch das kommt 100pro stimmig rüber, nicht der geringste Ansatz, dass Sara Johnson sich in den Himmel der Filmkunst verirrt hätte. Wodurch sie diesem noch einen Schritt näher kommt. Im Film selber kommt auch ein Filmpreis vor, auch der in merkwürdigem und nicht intendiertem Zusammenhang. Noch so ein schalkhafter Spot auf die Hochkultur, auf das aufgeblasene Vorgeben von Größe und Wichtigkeit, und dabei die elementare Frage, was ist der Mensch, das Produkt wovon? – das Produkt eines doch reichlich banalen Vorganges.

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