Hitler und die Kinder vom Obersalzberg (BR, Dienstag, 11. April, 2017, 20.15 Uhr)

Fleddern am Nimbus verruchter Macht.

Der Titel scheint mehr aus Gründen des Fishings for Interest denn aus Gründen intensiver Recherche benutzt worden zu sein.

Diese Dokumentation von Robert Altenburger wirkt wie ein Spätnachzügler des gleich nach der Bombardierung des Obersalzbergs einsetzenden Touristenansturms.

Wie hat der Führer gelebt, Klatsch und Tratsch und Nähkästchenfotos, Hitler privat. Wobei selbstverständlich Wissenschafts- und Kommentarsprech auf die Brutalitäten und Grausamkeiten der Naziideologie hinweisen müssen, alibihalber. History-Sightseeing aus Archivfootage und kursorischem, geschichtlichem Kommentar.

Gezeigt wird auch das „Kampf-Häusle“, in welchem Hitler einen Teil von „Mein Kampf“ geschrieben haben soll. Viel Klatschstoff bietet der Umzug der Regierung von Berlin zum Obersalzberg, die Vertreibung der Bewohner und auch die Besuchermassen, die an Hitler vorbeidefiliert sind. Glamour und Hitlerschauen. Ratsch und Tratsch von einem Regierungssitz. Regierungssitz verlegt in die Berge; ein Rattenschwanz von Folgen, Bauten.

Das Thema Politiker und Kinder ist nicht neu. Zuletzt hat Sigmar Gabriel sein Töchterchen für die Zeremonie zur Entgegennahme der Ernennungsurkunde zum Außenminister missbraucht und die Bundeskanzlerin hat sich für ein Foto zu dem Mädel runtergebeugt. Das Bild ist nicht unähnlich den Bildern vom Führer mit Kindern des Hitlerfotografen Heinrich Hoffmann.

Hier im Film erzählen Kinder von damals, wie sie am Arm von Hitler schreiten durften, wie er nicht mit ihnen gesprochen, sondern nur sich mit ihnen habe ablichten lassen. Nachher gab es von Bediensteten Beeren und Schlagsahne – paradiesisch für die Kinder. Kein Wunder, dass es den Kindern gefallen hat. Ihnen hat es an nichts gefehlt. Für sie war es eine heile Welt. Du schönes deutsches arisches Kind, soll der Führer zu einem gesagt haben.

Dass Massenmörder, Drogendealer und jegliche Art von Diktatoren und anderen Verbrechern einen Hang zu einem exclusiven Privatleben haben, ist nicht neu, da gibt es Dokumaterial über afrikanische Potentaten oder über Escobar.

Altenburger hat den Filmtitel offenbar aus werbetechnischen Gründen gewählt, quotenschielend (wie die Potentaten mit Kinderbildern selber um Aufmerksamkeit buhlen). Thematisch hat er lediglich ein schnell und billig zusammengekleistertes Naziploitation-Movie mit einem kruden Mix aus Archivmaterial, Wissenschaftssprech und Zeitzeugenaussagen (Kinder und Zwangsarbeiter) produziert. Geht kaum über Neugier- und Sensationsjournalismus hinaus. Das Thema „Kinder vom Obersalzberg“ wirkt wie eine ablenkende Falschetikettierung.

Am 25. April 45 wurde der Obersalzberg von der britischen Luftwaffe bombardiert. Die Briten bombardieren, die Amerikaner erobern. 300 Bomber. Das Ende der heilen Welt im Berghof. Dazu mixt Altenburger getragene Musik und der Satz Ein apokalyptischer Untergang. Und Redakteur Andreas Bönte muss das gefallen haben.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers.

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