Bierleichen. Ein Paschakrimi (ARD, Donerstag, 23. März 2017, 20.15 Uhr)

Ein Bildschirm voll substanzarmer Hoffnungslosigkeit,

Abbild einer wenig attraktiven, wenig inspirierenden, wenig verbindlichen, sicher nicht stilbildenden Multikultimischwelt, die ihre Umgangsformen, ihre Attraktivität, ihre Lebendigkeit, ihre Verbindlichkeit gar nicht erst sucht oder hinterfragt, die in unentschiedener, konturloser Formlosigkeit wabert.

So schnell dürfte kaum eine Serie auserzählt sein. Schon in der zweiten Folge dieses Krimis nach Su Turhan, das dünnflüssige Drehbuch stammt wieder von Sascha Biegler, die etwas weniger unbedarfte Regie übernahm Matthias Steurer, scheint so manches auserzählt: der Seidentaschentuchtick des Kommissars, seine scheinheilige Beterei bei Leichen, sein falscher Glaube, sein bereits muffeliger Anzug und auch sein nackter Oberkörper genau so wie seine wenig stinnstiftende Sonnenbrille. Und der hier neu hinzuerfundene Gag des Requirierens von Privatwagen für eine dringende Mission ist so schlecht performed und so abgelutscht, dass er sich schon im ersten Fall von zweien in dieser Folge bereits mehr als übererzählt hat. Dasselbe gilt für den Versuch des Magenknurrens. Ist dieser als Fastenverarsche intendiert? Der Autor scheint unter Ideennotstand zu leiden und wirkt verzweifelt, Eigenschaften für diesen Kommissar zu erfinden, die ihn originell machen sollen. Und dass der scheingläubige Kommissar in Krisenmomenten zum Alkohol greift, billiger geht’s nicht, längst auserzählt.

Weil sie die Integration versemmeln, hangeln sie sich mit einfältigen, abgedroschenen Einfällen von Szene zu Szene und bestätigen somit Klischee und Vorurteil vom Gemüsetürken, statt es zu entkräften.

Nach wie vor gelten die Kritikpunkte von Fall 1.

Heute versucht der Kommissar im Ramadan-Modus zu delirieren, zwischendrin lächelt er souverän – kleines Continuity-Problem.

Es handelt sich um Morde im Brauereimilieu. Kein Grund, sich dafür zu interessieren. Der Kommissar breitet sein unerquickliches Privatleben aus. Das Jacket zieht er nicht mehr so oft an und aus, spielt weniger damit; hat wohl vom Cutter nach der ersten Folge einen Anschiss gekriegt; der Anzug hat seinen Reiz verloren. Einen erstaunlich aparten Sohn hat dieser Zivilpolizist. Dieser Sohn könnte mit der Mitarbeiterin Jale ein TV-Traumpaar abgeben, wenn denn einer ein gscheites Drehbuch schreiben würde. Sonst öde Hoffnungslosigkeit allerorten und die Versöhnung zwischen Kommissar und seiner Ex-Frau ist wie aus dem Ärmel geschüttelt und in keiner Weise nachvollziehbar. Der türkische Autor, mit dem sie zusammen ist, scheint ja kein Depp und bekannt ist er außerdem. Das Leben mit so einem Autor ist bestimmt spannender als das mit einem ungepflegten Kommissar. Dieser wirkt bereits in der zweiten Folge, als ob er unter Burn-Out leidet; man sollte ihn dringend zur Kur schicken.

Und immer noch ist nicht geklärt, womit dieser Kommissar seinen offensichtlich teuren Lebensunterhalt finanziert, er wird doch wohl für seine Kinder, die noch unselbständig sind, Unterhalt zahlen müssen, nebst der bestimmt beachtlichen Miete für die großzügige Altbauwohnung und nebst den teuren Seidentaschentüchern, die er reihenweise zum einmaligen Gebrauch verschenkt oder nach einmaligem Gebrauch entsorgt wie Papiertaschentücher. Schon bei der ersten Position bei Google kann so ein Teil bis zu 50 Euro und mehr – das Stück! – kosten.

Aufklärungsimpetus: der integrationsgeneigte Zuschauer erfährt ein paar Dinge über Ramadan. Und den hält der Kommissar offenbar wieder genau ein, vielleicht, um den Hungereffekt spielen zu können. Sonst gibt es noch eine übertriebene Knallcharge von fränkischer Pennerin und einige gestörte Brauerei-Figuren von Minga-Bräu. Suggeriert wird, dass es sich um feines Brauer-Milieu handle und es um eine Übernahme durch einen türkischen Unternehmer geht. Wobei dann doch alles ganz anders gewesen ist.

Die Figuren sind nach wie vor merkwürdig gehaltlos gezeichnet, die Besetzung wirkt zerfahren und beliebig – vielleicht eine Preisfrage (Politik des Senders: Thema Integration darf nichts kosten?).

Was die gesellschaftliche Relevanz des Filmes anlangt, ist auf Anhieb nicht ersichtlich, ob eine solche da ist, weil weder die Figuren noch ihre Probleme ernst genommen werden. Solch unentschiedener Umgang mit einem so delikaten Thema wie der Integration, lässt allemal offen, ob der Film nun pro Integration oder dagegen gedacht ist. Für einen Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist das, hm, gelinde gesagt etwas fragwürdig.

Einmal regt sich der Kommissar zwar über den Klimawandel auf, aber offenbar auch nur aufgrund seines Fastendeliriums.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

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