Lion

Dieser Film von Garth Davis nach dem Drehbuch von Luke Davies trägt einen in seiner epischen Erzählweise und wie auf Luftkissen auf einer schönen Klangwolke vom Westen Indiens um 1986 über 1800 Kilometer nach Kalkutta und von da über die Ozeane bis Australien, um dann den Weg wieder in den Ort der Kindheit unseres Protagonisten Saroo zu finden.

Eine emotional anrührende Verlorene-Sohn-Geschichte, die auf einer wahren Geschichte beruht. Der Film ist halb ein Film mit Saroo als lockköpfigem Buben und halb ein Film mit Saroo als jungem Australier (Dev Patel).

Es ist eine Geschichte des Verlustes von Zuhause und Familie, einer Reise ins Ungewisse, einer Reise vom hindischen Sprachgebiet Indiens ins Bengalische, einer Reise von ganz einfachen Verhältnisse ins Elend in Kalkutta bis hin zur ordentlich-bürgerlich-weißen Existenz in Australien.

Der Subkontinent ist ein Reservoir an großartigen Kinderdarstellern. Das hatte vor Jahren auch Dev Patel bewiesen, als er für Slumdog Millionär entdeckt und gleich berühmt wurde. Diese Geschichte nimmt vielleicht eine etwas bürgerlichere Wendung, Saroo lernt in Australien Hotelmanagement, hat eine Freundin, Lucy (Rooney Mara).

Bei einer Studentenfete gibt es das Gericht Jaleb. Er kennt es aus seiner frühen, verlorenen, verschollenen Kindheit. Die Gerüche und auch der Anblick wecken in ihm verdrängte Erinnerungen. Von da macht er sich auf die Suche nach seiner Heimat. Denn deren Verlust war abenteuerlich.

Seine Mutter arbeitete in einem Steinbruch. Tagelang sind die drei Kinder, sein älterer Bruder und eine Schwester auf sich angewiesen. Sie wollen selbst etwas Geld verdienen. Saroo bettelt, dass Guddu ihn mitnehme. Todmüde legt er sich auf eine Bank, während Guddu sich am Bahnhof umsehen will.

Es folgt eine Phase, in der der Film in anrührenden Bildern die Einsamkeit des verlorenen Buben Saroo schildert. Er ruft nach dem Bruder. Er ist allein, nächtens auf einem verlassenen Bahnhof. Irgendwann legt er sich in einen leeren Zug. Der fährt plötzlich ab. Er kann nicht raus. Strandet in Kalkutta. Hier versteht er nicht einmal die Sprache. Landet auf der Straße. Entkommt mit Schnelligkeit und sicherem Instinkt Kinderjägern und anderen dubiosen Figuren, bis er schließlich im Waisenhaus landet. Eine fürsorgliche Mitarbeiterin vermittelt den Buben an die australische Familie.

In Australien fängt er, nachdem ihm Kindheitserinnerungen aufstoßen, an, auf Google-Earth nach der Bahnstation zu suchen, an die er sich vage erinnert. Bis er fündig wird.

Garth Davis erzählt die Geschichte eins zu eins nach, ohne Dinge zu hinterfragen, protokollhaft und emotional.

Der Film selbst versteht sich als Engagement für Straßenkinder in Indien. 80`000 davon soll es geben. Mindestens eines davon hat Glück gehabt.

Der Film bleibt ganz bei Saroo, er verfolgt nicht, was parallel in Indien mit seiner Familie passiert, welche Entwicklungen dort vor sich gehen. Saroo wusst sogar den Ortsnamen seiner Herkunft, allerdings hat er ihn als Knabe missverständlich ausgesprochen, so dass auch die Behörden in Kalkutta, die nach seiner Familie mit Bild in allen Zeitungen gesucht haben, nicht weiter helfen konnten.

Schmalspurgeschichte, die sich ganz auf den Protagonisten konzentriert, ein reeller Protokollant seiner Erinnerungen ohne kritische Zutaten; ein Schicksals-Movie. Ein Individual-Geschichten-Movie als Zugpferd für eine soziale Aktion für Menschen mit ähnlichem Schicksal.

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