T2 Trainspotting

Ein feines Stück Rausch-Absturz-Jugend-Kult-Nostalgie als ästhetisch gelungenes Musikvideo zubereitet.

Der Unterschied zu den hier eingeflochtenen Originalszenen aus dem Trainspotting-Film von 1996 von den gleichen Machern, Danny Boyle in der Regie und Drehbuch von John Hodge nach dem Roman von Irvine Welsh, ist krass. Er erzählt unverblümt, dass die Jugend einmalig und nicht zurückzuholen ist.

Vorwand oder Begründung für diese Retro-Reise sind die, dass Renton, der hier Mark genannt wird, zu seinem früheren Kumpels zurückkehrt. Er hat sich damals mit 16’000 Pfund aus dem Staub gemacht und lebt inzwischen bürgerlich und mit Familie in Amsterdam. Er hat sich dort im Einzelhandel mit Software selbständig gemacht.

Mark will den früheren Freunden ihren Anteil an der Beute endlich auszahlen, pro Mann sind das 4’000 Pfund, ohne Zinsen. Es sind keine geglückten Lebensentwürfe, denen er begegnet. Die früheren Freunde leben alle in malerisch heruntergekommenen Verhältnissen in Edinburgh. Der breitohrig-großäugig grimassierende Spud (Ewen Benner) in einem desolaten Hochhaus, in fast leerer Wohnung, er ist der Autor, der Chronist, er schreibt in krakeliger Schrift die Geschichten auf. Begbie (Robert Carlyle), der hier Frank genannt wird, begegnen wir bei einem Knastausbruch nach standardisiertem Rezept: Selbstverletzung, Krankenhaus. Er versucht seinen Sohn, der Hotelfachmann lernen will, zum Einbrechen mitzunehmen. Simon (Jonny Lee Miller) ist nach wie vor drogenabhängig, ist gerade dabei einen Schulleiter zu erpressen mit heimlichen Videos von Sex mit Gail (Shirley Henderson), seiner Freundin, und träumt davon, einen eigenen Puff aufzumachen mit Hilfe europäischer Fördergelder.

Die Bilder in ihrer Gesamtheit ergeben eine bemerkenswert schöne Wühltisch-Sammlung alter, leicht verblichener Postkarten. Es scheint Danny Boyle mehr um das Schwelgen in diesen perfekt nostalgischen Bildern in Dekadenz-Romantik zu gehen und da er sie artifiziell, musikviedocliphaft schneidet, entsteht der Eindruck einer distanzierenden Eleganz von Verkommenheit und Absturz, eine Art des Sich-Ergehens in Katastrophensause inklusive der Reanimation einer Drogenrauschsequenz.

Vor 20 Jahren haben diese Filmemacher der Welt gezeigt, dass sie dringend etwas mitzuteilen haben, und haben einen Nerv getroffen. Heute teilen sie der Welt mit, dass sie diese Mitteilung von damals auch heute noch schön finden, dass der Mitteilungsdrang inzwischen sogenanntem Beherrschen des Handwerks gewichen ist und vielleicht auch, dass sie ein bisschen darunter leiden, dass das Altern unentwegt fortschreitet und seine deutlich sichtbaren Spuren, nicht nur bei der Potenz von Frank, hinterlässt und dass ihnen das nicht unbedingt gefällt. Was wiederum keine besonders aufregende Message sein dürfte. Die Filmemacher sind nach dem Unendlichkeitsrausch der Drogen in der Endlichkeit des Seins, der Vergänglichkeit angekommen, sind branding- und handelsüblich irdisch geworden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert