Mein Leben als Zucchini

Keine Umfall-Aufsteh-und-durch-die-Luft-saus-Mechanik wie gern in den Disneyfilmen, kein Tohuwabohu und kein Kuddelmuddel, kein Effektenwettbewerb sondern ruhige Verhandlung ernsthafter Probleme 8-, 9-jähriger Kinder aus problematischen Milieus mit zauberhaften Animationsmitteln.

Zucchini ist 9 Jahre alt, lebt mit der Mutter. Die ist Alkoholikern. Sie schmeißt die Getränkedosen aus ihrem Sessel auf den Boden, Zucchini sammelt sie auf, will damit Türme bauen. Die Mutter stirbt.

Zucchini kommt ins Waisenhaus zu anderen Problemkindern, die schon allerlei gesehen und erlebt haben, denen bürgerliche Wohlgeordnetheit und Geborgenheit unbekannt sind. Um so mehr zählt die Solidarität unter den Kindern. Diese erkunden sie.

Der Rädelsführer der kleinen Gruppe ist der rotlockige Simon, frech wie Anton. Er nennt Zucchini gleich Kartoffel, weil er so aussehe. Der Polizist, der sich als erster um Zucchini kümmerte, betreut ihn weiterhin, besucht ihn, macht mit ihm Unternehmungen, Ausflug auf den Rummelplatz, redet mit ihm. Denn sein Sohn ist längst erwachsen und ausgeflogen. Der Polizist ist ein Kakteenliebhaber.

Dann kommt Camille. Deren Pflegemutter ist eine ordinäre Person, ist aber scharf auf das Pflegegeld. Doch Camille gefällt es im Waisenhaus. Sie darf mit zu den Ausflügen mit dem Polizisten, der keine Uniform trägt und stattdessen ein lustiges Auto fährt, das so aussieht, als hätten Kinder es aus Karton gebastelt.

Ein Geschichtsstrang ist nun der, dass die Pflegemutter Camille zurückholt. Die Kinder denken sich eine List aus, wie sie die Pflegemutter überführen können als nicht tauglich für diese Position. Ein gefaltetes Papierschiff spielt dabei eine Rolle.

Und es geht auch um Trennung. Der Polizist will Camille und Zucchini adoptieren. So werden sie die liebgewonnene Waisenhausrunde verlassen müssen.

Die deutsche Synchronisation ist respektvoll dezent, die Musik von Sophie Hunger voll sensiblen Verständnisses. Die Regie stammt von Claude Barras nach dem Drehbuch von Céline Sciamma nach dem Roman von Gilles Paris, der auch hier in deutscher Übersetzung im Buchhandel erhältlich ist.

Aus Erwachsenensicht ein großartiger Kinderfilm. Wobei man letztlich die Kinder entscheiden lassen muss, ob und wie es sie beschäftigt und ob es einen Unterschied macht, ob Kinder selber in diesem Alter schon einen entscheidenden Einschnitt im Leben erlebt haben, wie die Scheidung der Eltern oder Umzug in einen anderen Sprach- oder Dialektraum oder ob Kinder eine ungebrochene Kindheistidylle erleben.

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