Fifty Shades of Grey: Gefährliche Liebe

Vom Loslassen-Können und von der „echten“ Liebe.

Christian Grey (Jamie Dornan) verdient 24’000 Dollar – in der Viertelstunde. Armer, bemitleidenswerter Martin Winterkorn mit seinen 3’000 Euro Pension – pro Tag. Christian ist als junger Milliardär einer der begehrtesten Junggesellen der USA – und muttergestört.

Christian ist verhaltensgestört und muss Frauen immer bestrafen. Das äußert sich in sadistischen Praktiken. Deshalb verlassen die Frauen ihn und er kann keine echte Liebe finden.

So weit der Stand zu Beginn des Filmes. Anastasia Steele (Dakota Johnson) hat sich eben von Christian getrennt und tritt eine Stelle als Lektorin in einem Verlag an. Ob sie sich befreit hat von ihm, ist die Frage, die sich sofort stellt, wie er ihr bei der Vernissage einer Fotoausstellung über den Weg läuft. Er hat alle Bilder mit ihr drauf aufgekauft. Einseitiger Besitzanspruch ist nach wie vor da. Und gegenseitiges Verlangen ebenso.

Die erste Stunde des Filme ist ein mit dröger, deutscher Routinesynchronisation zusätzlich verödetes Vorspiel ohne jeglichen kreativen Impuls oder Anspruch, es geht nur um die Frage, ob die beiden wieder zusammenkommen.

Christian ist hinter Anastasia her, überwacht sie, weiß über alles Bescheid, will sogar den Verlag kaufen, damit er ihr oberster Chef wird. Er ist eifersüchtig auf Jack Hyde (Eric Johnson), ihren direkten Vorgesetzten.

Nach etwa einer Stunde kommt es zu einer Auseinandersetzung, bei der Anastasia sich nicht an Christians Anweisungen hält, Eigenwillen beweist. Das muss für ihn das erste von zwei Läuterungserlebnissen in Gang gesetzt haben, die aber mehr wie Wunder abgehandelt werden (das zweite wird mit mit einem Helikopter zu tun haben).

Ab diesem Moment stellt sich die Frage, ob Läuterung von einem sadistischen Mechanismus möglich ist, ob ein Mensch auch unter Anwendung von sadomasochistischen Praktiken frei sein kann. Parallel zu diesem Thema stellt sich die Frage nach der Hochzeit, wird aus dem Läuterungsfilm ein Hochzeitsfilm, schmacht, und die Frage, ob wahre, echte Liebe möglich sei, hält ab da den Zuschauer oder vermutlich eher: die Zuschauerin bei der Stange.

Film- und Dialogsprache sind einfach gehalten. Die Konflikte sind wie aseptisch und für die hintersten Ränge verständlich herausgearbeitet ohne Anspruch von Tiefe. Das Milieu entspricht demjenigen in Hochglanz-Klatschzeitschriften, die vorwiegend unter der Trockenhaube beim Coiffeur gelesen werden und das Niveau der Texte ist entsprechend. James Foley hat die Regie nach dem Buch von Niall Leonard geführt.

Das Thema Reinheit von Liebe wird früh im Film mit einem Strauß weißer Rosen eingeführt.

Damit der Zuschauer nicht zum Denken kommt, sondern sich dem Film willenlos hingibt, wird er ferner von der ersten bis zur letzten Minute mit Dauerbelämmermusik (oder auch: Einbalsamiermusik) beschallt.

Die Figuren sind mehr Models für das Problem, was der Film behandeln will, denn individuelle (demokratische!) Charaktere.

Anfangs schwebt auch das Thema vom Sich-Lösen-Können mit; später wird evaluiert, ob eine Beziehung möglich sei ohne Regeln, ohne Bestrafung und ohne Geheimnisse, eine ziemlich akademische Frage, die ganz gut in den sterilen Reinraum, der das Setting für den Film bildet, passt.

Die Figur, die am krassesten den Unterschied zwischen Sex und Liebe symbolisiert, ist Elena Lincoln (Kim Basinger); sie hatte Christian in den Sex eingeführt wie eine Lehrerin.

Pikanterie im gedrängt vollen Fahrstuhl; Anastasia solle den Slip ausziehen.

Das Symbol, was für die Hinerlassenschaft der Mechanistik der Verhaltensgestörtheit von Christian herhält, ist die fertig aussehende Leila (Bella Heathcote). Sie wird auch einen dramatischen Impuls mitbringen.

Für manche Leute mag das schockierend und prickelnd sein, Einblick in ein Torturkabinett vom Feinsten zu erhalten, für den abgebrühten Cineasten handelt es sich hier allerdings eher um ganz laue, weiche Semmeln. Denn auch die Läuterung von Christian, die passiert wie durch ein Wunder, schon gar nicht über innere Kämpfe, über einen nachvollziehbaren Prozess. Aber vielleicht singt die geneigte Wahrheitssucherin und Mitfühlenwollende im Publikum am Schluss des Filmes auch „I am not afraid anymore“.

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