Die Hölle – Inferno

Der Spaß, den das Team um Stefan Ruzowitzky (Regie) daran hat, sich ans Genre zu wagen, der überträgt sich durchaus. Allein, wie in den Eingangssequenzen ein milieuhaftes, nächtliches Wien geschildert wird in rasantem Tempo, stimmungsvoll, anrüchig (Bildgestaltung: Benedict Neuenfels, Musik: Marius Ruhland, Schnitt: Britta Nahler) und Ungutes liegt in der Luft.

Die Heldin wird vorgestellt. Es ist die Taxifahrerin Özge (Violetta Schurawlow). Sie steht im Stau hinter einem Kollegen, der einen Schwatz hält. Wir lernen sie als Kämpferin kennen, nicht nur mit den Fäusten; doppelter Nasenbeinbruch. Später gibt es Einblick in das Studio, in welchem Thai-Boxen unterrichtet wird. Hier kommt ihr Charakter als am Rande von durchgeknallt, eine Frau, der schnell die Zügel entgleiten, die sich in einen Kampf festbeißen kann, im Kampf mit einem jungen Boxer deutlich zum Ausdruck. Sie kämpfen in einer Art Käfig gegeneinander. Unerbittlich, bis der Kollege erledigt ist und sie aus dem Studio rausgeschmissen wird.

So eine Frau muss einiges erlebt haben, dass sie so unerbittlich, oft auch so maskenhaft ist, offenbar zu keinen Gefühlsregungen fähig. Sie kann nicht still halten, noch weniger kann man ihr Vorschriften machen.

Jetzt tritt ein Ereignis ein, das ihre Geschichte auf eine neue Ebene hievt. Sie wird Zeugin eines grausamen Mordes oder dessen Resultates, das sie durch das Klofenster sehen kann. Dieses zu öffnen wird sie durch einen mörderischen Geruch veranlasst; er ist die Folge des Verbrechens.

Jetzt spielt der Film auf der Schiene, dass der Mörder sie beseitigen will. Sie ist in Gefahr. Sie fordert für sich Schutz. Die Polizei fertigt sie mit Stufe 3 ab, einer Einführung, wie sie sich selbst schützen könne.

Es gibt Einblicke in ihre Familienverhältnisse. Die Familie betreibt das Taxiunternehmen. Ihre Cousine hat ein kleines Kind., Ada. Es passiert ein weiteres Verbrechen, ein Mord, der offensichtlich Özge gilt. Dadurch werden die Begegnungen mit der Polizei mehr. Kommissar Christian Steiner (ist bei Tobias Moretti in guten Händen), ein gedankenloser Rassist, der nicht ganz harten Sorte, aber Vorurteile trägt er mit sich herum. Er ist nicht ungebildet, spielt Klavier, hat viele Bücher. Seine Maxime: dass Sprache Kultur sei und logischerweise das Erlernen der Sprache eine Voraussetzung für die Integration.

Nach etwa einer Stunde Spielzeit wird der Film, das Drehbuch stammt von Martin Ambrosch (vor allem ein Fernsehschreiber, aber er hat auch das Drehbuch zur Verfilmung von Thomas Willmans Das finstere Tal geleistet, er bringt gute Wiener Pointen in die Angelegenheit, also nach etwa einer Stunde hievt er den Film nochmal auf ein anderes Gleis.

Jetzt wird daraus definitiv ein Revenge-Movie. Die Protagonistin entscheidet sich, sie werde den Mörder umbringen, von dem inzwischen klar ist, dass es sich um einen weltweit tätigen Massenmörder handelt.

In den Revengeteil eingeflochten ist ein Einblick in den Haushalt von Kommissar Steiner, der einen Wolfshund hat wie einsten Kommissar Rex und einen Vater, dem er auf der Toilette beim Windelnwechseln behifllich ist, das bekommt unsere Revenge-Dame auch mit.

Durch diese verschiedenen Schienen, auf denen sich der Film bewegt leidet die Genre-Idee erheblich. Das ist zu kompliziert. Genre in Reinkultur, so wie Roger Corman es betrieben hat, arbeitet mit einfacheren Geschichten und hat vor allem ein Ziel: damit Geld zu verdienen.

So weit dürfte es hier noch nicht sein, da ist die Geschichte zu komplex und da reicht dann ein einziger Gesichtsausdruck der Protagonistin doch nicht aus, ja und das Frauenhaus kommt auch noch vor. Siehe auch die Review vom Filmhai.

Immerhin, im Vergleich zu bevormundeten deutschen Versuchen (wie Hell oder Volt), wobei hier auch deutsches Geld drin steckt, ist dieser Film direkt ein Vergnügen.

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