Ein Lied für Nour – Ya Tayr al Tayr

Einmalig an disem Film von Hani Abu-Assad, der mit Sarneh Zoabi auch das Drehbuch geschrieben hat, sind die Kinder in Gaza, wie sie durch die Gassen und Ruinen und dem Meer entlang rennen, so federleicht und energievoll und voller Lebendigkeit.

Das Motiv findet später ein Echo mit einem Schwenk auf erwachsene Ruinenrenner und -springer in Gaza, ein gespenstischer Anblick, so leise und sicher wie Gemsen in den Bergen bewegen sich diese Kämpfer, ich kann mich nicht erinnern, in einem Film solches so leicht und leise gesehen zu haben.

Das Motiv wird später nochmal zitiert, wenn der Protagonist des Filmes, Tawfeek Barhom als der palästinensische Sänger Mohammed Assaf aus dem Gazastreifen, in Kairo zu spät ist zur Vorausscheidung zum Gesangswettbewerb „Arab Idol’“, so etwas wie Arabien sucht den Superstar, und die Sicherheitsleute am Einlass spielend austrickst mit einem Fassaden- und Dachrun.

Der Film ist ein Doppeldecker.

Der erste Teil ist ein aufregender und aufregend frischer und lebendiger Kinderfilm. Er spielt ganz in Original-Gaza, das von Israel und Ägypten im Würgegriff gehalten wird und der Rest der Welt schaut zu. Mohammed ist noch ein Bub mit einer glockenreinen Stimme und hochbegabt. Heute ist Mohammed ein berühmter Sängerstar in der arabischen Welt. Dessen Aufstieg aus den Ruinen Gazas in den arabischen Showhimmel wird hier mit filmischen Mitteln verändert und ausgeschmückt nachvollzogen.

Im ersten Teil wird er dargestellt von Quais Attalah, einem Filmtraumbub von seltener Schönheit und Reinheit und begabt mit einer engelhaften Stimme. Mit Singen verdient er sich ein Geld. Begleitet wird er von anderen Kindern, auch von seiner Schwester, die bald schon nierenkrank wird und eine teure Operation bräuchte, die sich die Eltern nicht leisten können. So entsteht die Idee der Teilnahme an Gesangswettbewerben.

Der zweite Teil des Filmes ist eine reine, schwer-süße Schlagerschnulze vor brisantem politischen Hintergrund. Sie zeichnet den Weg des erwachsenen Mohammed nach, wie er sich aus dem Gazastreifen schmuggelt, wie er sich in die Vorentscheidung in Kairo reinschummelt, wie er in Beirut, das hier pompös erscheint, über Wochen einen raketen- und sagenhaften Aufstieg am Musikhimmel der arabischen Welt hinlegt und die unterdrückten Palästinenser zum Jubeln bringt.

Er zeigt aber auch, wie die Belastung den Sänger an den Rand des Infarktes bringt, denn es ist nicht nur der Wunsch seiner inzwischen verstorbenen Schwester, die sich keine gscheite medizinische Versorgung leisten konnte, was gravierend genug ist, es ist auch die hohe Verpflichtung, dem ganzen unterjochten Volk der Palästinenser eine Stimme zu verleihen; was der Film so auch ein Stück weit tut; speziell mit den Originaleinblicken von Gaza, was selten auf der Leinwand zu sehen ist. Dort gibt es geschmuggelte WacDonalds.

Sowohl als Sänger wie auch als Schauspieler sind die beiden Darsteller des Mohammed großartig; arabische Orchestermusik ergänzt die Tonspur stimmig. Der erste Teil spielt 2005, der zweite 2012.

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