# Uploading_Holocaust (BR, Dienstag, 8. November 2016, 22.30 Uhr)

Aus der Presseinfo: „“#Uploading_Holocaust“ ist der erste Dokumentarfilm, der zu 100 Prozent aus YouTube-Material besteht“, das dürfte nicht ganz stimmen, denn es gibt in dieser Clipkompilation von Sagi Bornstein und Udi Nir (Redaktion Thomas Sessner), die weitherum gefördert wurde, Filme mit dem Timecode von 1988, 1987, 1999; die mindestens nicht für You Tube gedacht sein können, da es zu der Zeit noch gar nicht erfunden war. Gut, werden die beiden Schlaumeier sagen, sie hätten sie auf You Tube gefunden.

Überhaupt haben die Filmemacher ihren reißerischen Titel insofern nicht erfüllt, als sie nicht weiter auf die Funktion von You Tube bei dieser Reise nach Polen eingehen; als sie You Tube lediglich als Wühltisch benutzen, um Material zusammenzustellen, und dabei auf jegliche kritische Distanz verzichten; sich lediglich eines chronologischen Fadens einer solchen Reise über die Jahrzehnte bedienen.

„Die Reise nach Polen“ ist demnach ein israelisches Kollektivritual für die Jugend zur Erspürung des Holocaust und als Motivation zur mentalen Vorbereitung auf den Militärdienst gedacht, der ihr bevorsteht.

Die jungen Israelis, so ist den Clips von der Reise zu entnehmen – es gibt noch Gruß-Clips an sie von den Familien zuhause –, sollen den Holocaust hautnah erleben, sollen in Gruppen in die Viehwagen steigen, den Weg von den Desinfektionsräumen über die Dusche in die Gaskammern dicht gedrängt nachempfinden; sie müssen als Gruppe mit Israel-Flaggen umgehängt unter dem Auschwitz-Torbogen „Arbeit macht frei“ durchgehen, sie sollen in ehemalige Versteckräume in Grabkammern hineinkriechen; der Holocaust soll ihnen ans Eingemachte gehen. Sie sollen mit Bildern von Kindern, die die Nazis ermordet hatten, in einem Wald allein am Fuß eines Baumes hockend meditieren.

Diese Art der Erinnerungsarbeit wirkt momentweise doktrinär; als sollen der Jugend diese Gräuel förmlich eingepaukt werden; dass die Kids das ähnlich empfinden, lässt sich aus dem erleichterten Satz herauslesen, „aber sie haben die Todesgruben gestrichen, weil wir zu spät waren“.

Wobei sich die prinzipielle Frage aufdrängt, wie weit eine junge Generation egal welcher Provenienz, sich überhaupt in die Leiden ihrer Altvorderen hineinversetzen will. Und wie weit sie es von sich aus machen würde.

Der Film zeigt aber auch, dass sich mit dem Thema Holocaustverarbeitung ohngeachtet der Qualität eines Filmes, immer noch jede Menge Gelder locker machen lässt. Wobei wie hier, der wenig bekannte Aspekt des Themas, noch lange nicht für Dokumentarfilmqualität steht. Es wirkt ab und an, als ob das Thema wie ein Schutzschild vor jeglichem Qualitätanspruch steht, weil, wehe, man erlaubt sich etwas zu kritisieren…