Morris aus Amerika

Morris ist ein 13-jähriger Junge afroamerikanischer Herkunft. Sein Vater Curtis (Craig Robinson) ist aus beruflichen Gründen aus den USA nach Heidelberg gezogen, wo er als Fußballcoach arbeitet. Die beiden wohnen in einem kärglich und unpersönlich eingerichteten Appartement.

Morris nimmt regelmäßig Deutschstunden bei Inka (Carla Juri) die bewunderungswürdig locker zweisprachig, Deutsch und Amerikanisch, parliert; mit einem Touch in Richtung ältere, leicht schräge Lehrerinnenfigur.

Die erste Szene im Appartement, eine Szene zwischen Vater und Sohn, hat Witz, denn wegen musikalischer Differenzen, Papa mag keinen Hiphop, von dem der Bub träumt – und sie sind nicht anständig, seine Texte – verdonnert er den Buben zu Zimmerarrest. Noch ist unklar, wo wir uns befinden.

Chad Hartigan, der Autor und Regisseur des Filmes, inszeniert wie in einem Bilderbuch, wie gezeichnet, geht nah an die Figuren dran, lässt sich von Details faszinieren, liebt das Spiel mit Farben.

Die erste Szene wirkt amerikanisch, umso mehr als Vater und Sohn miteinander Englisch reden. Aber da der Film eine deutsche Produktion ist, der Anspann lässt wieder drohend eine ganze Latte deutscher Förderinstitutionen prominent erscheinen, die im frequenten Filmegucker einen Schauder des Fröstelns auslösen, ist schnell Schluss mit quicklebendigem und emotionalem Amerikanisch.

Wir sind in Deutschland. Deutsche Landschaft. Enge. Heidelberg, Gässchen. Brave deutsche Schauspieler, die ganz korrekt und präzise ihre Texte sagen, die ab und an bescheuert sind, „ Du musst mir heute Abend helfen, meinen Schreibtisch aufzuräumen“ meint die Mutter Anna (Eva Löbau) zu ihrem kalten Töchterlein Katrin (Lina Keller), mit der sich Morris just an jenem Abend treffen will.

Der Film will die Geschichte der ersten Liebesgefühle des Buben in einem fremden Land schildern, die Grundlage ist das Buch des Zyptrioten Chad Hartigan. Das teilt er uns in seinen Szenen fast wie auf dem Seziertisch mit. Wodurch zum Teil eine merkwürdige Künstlichkeit entsteht, vielleicht auch dadurch, dass er die Kadrage der Bilder eng hält, was ihn aber nicht daran hindert auch mal ein Kissen, was der Bub als Puppe verpackt, ganz groß ins Bild zu rücken und den Buben nur angeschnitten daneben.

Die Szenen wirken wie stilisiert, wobei Sätze wie der oben zitierte ein knallig doofes Übergewicht bekommen können und wir uns fragen, ob da vielleicht Fernsehredaktionen ihren Einfluss ausgeübt haben.

Morris ist in Heidelberg ein Außenseiter, wird plakativ blöd angemacht von Klassenkameraden oder vom stereotypen Leiter des Jugendzentrums; von der kalten, bösen Katrin wird er verarscht, es juckt sie, ihn aus seinen Kinderträumen herasuszureißen, mit seinen erwachenden Liebesgefühlen zu zökeln, sie lädt ihn ein zu Parties und Konzerten, bis er sich eines Tages vaterseelenallein in Frankfurt in einer Telefonzelle aus dem Filmkunstfundus wiederfindet und die launische Verführerin ist über alle Berge.

An diesem Tiefpunkt taucht sein Vater auf. Damit ist die Basis gegeben für eine gemeinsame Rückfahrt im Auto nach Heidelberg und ein Gespräch zwischen den beiden, das den Zuschauer entschädigt für eine Reihe von der Regie her gut bedachter, ausgestellter Szenen, die im Modus der deutschen Zwangsgebührenkultur daherhumpeln und mit Sätzen glänzten wie „Du musst mir heute Abend helfen, meinen Schreibtisch aufzuräumen“ (siehe oben). Wobei Vater und Sohn wunderbar selbstverständliche Schauspieler sind von der Art, wie sie im Filmsubventionsland mit der Lupe zu suchen sind.

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