Dieses Sommergefühl

In diesem Film von Mikhael Hers, der mit Mariette Désert auch das Drehbuch gechrieben hat, geht es um Atmosphärisches. Es geht nicht um amtlich feststellbare Identitäten und Lebenswege. Es scheint nicht zuallererst um eine belastbare, stringent nacherzählbare Story zu gehen.

In diesem Film geht es um eine reifere Jugend, die sich nicht über Religion, Nationalität oder Parteizugehörigkeit definiert. Es geht um eine Person, die nicht mehr vorhanden ist, um Menschen, die sich in erster oder zweiter Reihe um diese Person gruppieren.

Es geht um Sasha (Stephanie Dèhel), eine junge Künstlerin. Sie lebt in Berlin mit Lawrence (Anders Danielsen Lie) zusammen. Sie stellt in den Bethanien-Werkstätten Siebdrucke her. Von ihrem Leben in Berlin berichten die ersten Minuten des Filmes. Dann bricht sie zusammen. Stirbt.

Der Tod nimmt dem Film seine bisherige Hauptfigur. Das ist entscheidend für den Rest des Filmes. Ihre Stelle im Film nehmen jetzt Figuren aus ihrem Unfeld ein. Der Film lässt sich Zeit, ihnen zu folgen, ihr Leben ohne Sasha zu beobachten.

Wobei nicht von Belang ist, ob sie Adélaide, Vladimir, Ida, Juno oder Anouk heißen, ob sie in Berlin, Paris, New York oder idyllisch an einem Schweizer See tief in den Bergen sich gerade aufhalten oder leben.

Mikhael Hers bereitet vor uns ein weites Panorama von Menschen aus, die in einer Beziehung zu Sasha standen; aber deren Leben weiter geht.

Lawrence hat vorher schon ein Buch herausgebracht. Jetzt arbeitet er überwiegend als Übersetzer, mit einem lachenden und weinenden Auge, das ist gut für die Einnahmen, aber schlecht für die Arbeit am nächsten Buch.

Hers lässt seinen Scheinwerfer kreisen über eine Reihe moderner internationaler Lebensentwürfe, Freundschaften, Verwandtschaften, Beziehungen, die alle interessant, glaubwürdig dargestellt werden und heutig rüberkommen.

Mit Anders Daniels Lie hat er einen interessanten Typen für die Rolle des Hinterbliebenen und Autors gefunden, der dank eines gewissen sozialen Netzes für die Zeit der Trauer von einem erstklassig gecasteten und ebenso von der Regie geführten Ensemble zurück ins Leben getragen wird.

Hier in Deutschland hat vor kurzem Karoline Herfurth mit SMS für dich ebenfalls einen Trauerverarbeitungsfilm ins Kino gebracht – schmerzlich spürbar sind die Defizite der deutschen Filmkultur im Vergleich zu diesem französischen Film, der wegen der Fördergelder teils in Berlin gedreht wurde und trotzdem Internationalität zeigt.

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