Der Traum vom Fliegen an Lianen und von der Liebe zwischen Jane und John, dem muskelbepackten, bartlosen, Wildheit- und Urwald inhaliert habenden Traummann, kommt am Schluss in einigen drübergestreuten Bildern in der Attitüde von Bonus-Material vor und so traumschön, dass jeder Werbefritze für Duschgels und dergleichen einen Orgasmus bekommen dürfte.
Bis es so weit ist, haben die Drehbuchautoren Adam Cozad, Craig Brewer + 3 viel Tarzan- und Jane-Vorgeschichte in Rückblenden mit einer Fortschreibung kombiniert und hat Regisseur David Yates, der schon einige Harry-Potter-Bücher verfilmt hat, die Szenen wie in einer Eins plus Eins-Erzählung aneinandergereiht in der Art von nicht allzu ziselierter Fließbandarbeit, die sich lieber mit Nahaufnahmen beschäftigt als mit kreativem Schwung, wobei schon die einzelnen Szenen genügend statisch in sich ruhen.
Alexander Skarsgard als John Clayton alias Tarzan hat sich möglicherweise ein paar Muckis antrainiert, soweit nicht die Postpro, speziell bei seinem selten zu sehenden bloßen Oberkörper, noch ein wenig zur Idealfigur nachgeholfen hat. Als Rollenneed scheint er sich für den versonnen introspektiv versunkenen, fixen Blick entschieden zu haben mit ein paar pathetischen Blickschwenks, die dem Aufwand des Schwenkens eines Kanonenrohre gleichkommen, dazu die Ruhe in sich selbst in der Mitte des Wilden und auch das Ruhighalten des Hauptes, damit die Frisur, die Wildheit erzählt, schön zur Geltung kommt, die Attitüde von Beherrschung, und für die bewegten Actionszenen waren die Herren am Computer unerlässlich.
Jane, besetzt mit Margot Robbie, scheint ihrerseits als Hauptneed der Figur erkannt zu haben, dass sie vor allem gut und strahlend dastehen und aussehen muss, wenn irgend möglich ein Zahnpastalächeln im Gesicht.
Die Story selbst verliert sich grosso modo in der undifferenzierten Aneinanderreihung pausenloser Nahaufnahmen, Zeitsprünge hin oder her, und im Dschungel sowieso.
Es gibt Hinweise auf den historischen Kontext, auf die Konferenz von 1884 (ohne diese Details), die den Kongo dem belgischen König Leopold II zur blutigen Ausbeutung überließ. An den Diamanten haben allerdings andere Kolonialisten auch Interesse.
Deshalb soll Tarzan, der längst berühmt und gezähmt mit Jane zusammen und zurück in London ist, nochmal ran. Hier erlaubt sich das an sich humorlose Drehbuch einen kleinen Scherz: Tarzan antwortet den hohen Gremien auf das Angebot: wozu?, er kenne den Dschungel ja schon.
Gegen seinen Willen folgt ihm auch Jane. Sie gerät in eine missliche Lage, was die Mission heftig verkompliziert und für die Computeranimation Gelegenheit gibt, groß mit der Schlachtenkelle anzurühren. Es geht eindeutig um Bilder von Schlachten „an sich“ und nicht um konkrete, historische Aufarbeitung oder Aufklärung.
Im Film sind einige „Ideen“ erkennbar. Da ist der Angriff von Tarzan und seinen Dschungelbrüdern an schwingenden Lianen von hoch oben im Urwald auf einen fahrenden Eisenbahntransport von Sklaven.
Die Eigenschaft, dass Tarzan die Sprache des Dschungels spricht wird deutlich daran, dass er es mit ein paar Tönen schafft, eine ganze Büffel- oder Gnuherde von ihrem Weg abzubringen und sie als eine unerwartete, weitere Phalanx in die Entscheidungsschlacht eingreifen zu lassen.
Im Endkampf mit seinem belgischen Widersacher genügt ein Lockruf, um die Krokodile anzulocken, den Gegner geräusch- und blutspurlos zu entsorgen, so schnell, wie im richtigen Leben; des Zuschauers Auge kann nicht mitessen. Aber den Schockmoment über so eine Geräusch- und Spurlosigkeit spielt der Film auch nicht aus.
Die ersten Dschungelszenen vergheimnisst der Regisseur mit Retardierungen, Tempoverkünstlichung, Nebel und gedecktem Sprechen. Es geht um die Begegnung mit dem Diamantenspender. Das wirkt merkwürdig spooky und legt den Grundstein für den späteren Eindruck, dass hier versucht werde, einen Monumentalfilm zu produzieren, dass aber nicht genügend Mittel dafür zusammengebracht worden seien.
Die häufigen, wilden Drohnenflüge der Kamera dagegen wirken wie ein Tick des Kameramannes. Sowieso ändert das nichts daran, dass der Film dem Zuschauer keine Zeit lässt, eine Erwartungshaltung aufzubauen, Empathie für die Figuren zu entwickeln; viel zu wichtig vorgetragene Details halten ihn davon ab: Krokodile, die wie Haustiere an Leinen spazierengeführt werden oder ein Gestell für gekochte Frühstückseier, das in London raumfüllend über die Leinwand getragen wird. Erschwerend kommt das einmal mehr überflüssige, die Augen strapazierende 3D hinzu.
Kolonialismuskritik ist nicht das primäre Anliegen dieses Filmes. Ab und an hallt Tarzans berühmter Ruf aus dem Off über den Dschungel.
Der Traum vom Fliegen an Lianen und von der Liebe zwischen Jane und John, dem muskelbepackten, bartlosen, Wildheit- und Urwald inhaliert habenden Traummann, kommt am Schluss in einigen drübergestreuten Bildern...