The Student (Filmfest München 2016)

Gewappnet mit Bibelworten stellt Veniam, Pyotr Svortsov, die Mutter, die Lehrer und den Popen vor unlösbare Probleme mit ihren Behauptungen von unkontrollierter Erektion und vorübergehender geistige Verwirrung als Interpretation der Pubertät.

Die Bibel, Matthäus, Lukas, Hebräer Brief, Korinther Brief, Johannes, Leviter, Apostelgeschichte liefern endlos Munition um jegliche Art von Lehrposition zu torpedieren, um Eltern, Lehrer und Pfarrer zur Verzweiflung zu bringen.

Die Bibelworte sind Veniams Knaller, um die heftigsten Diskussionen zwischen ihm und seiner Mutter, zwischen ihr und dem Lehrkörper, zwischen dem Lehrerehepaar Lena und Oleg, innerhalb des Lehrkörpers und auch zwischen Veniam und seinem einzigen „Freund“ („er ist nicht mein Freund, er ist ein Krüppel“) und zwischen Veniam und dem Popen in Gang zu setzen.

Mit Bibelzitaten, wenn einer darin beschlagen ist, lässt sich alles löchern, lässt sich gegen den koedukativen Schwimmunterunterricht und gegen Bikinis, gegen Sexualaufklärung in der Schule, speziell gegen Verhütung (mit Karotte für Kondomübung) und Aufklärung über schwulen Sex (zur Verhinderung von AIDS) vorgehen, gegen Darwin und gegen die Anmache einer nymphomanen Mitschülerin (die sich von allen begehrt fühlt, nur von Veniam nicht) und genau so gegen die Liebessehnsucht von Grisha, Aleksandre Gorchilin, dessen kürzeres Bein er ständig heilen soll, wozu dieser die Hose runterlässt.

Es zeigt sich, dass mit der Gewalt von Bibelworten ein Mensch sich total in die Isolation hineinargumentieren kann. Es lässt sich begründen, ein Kreuz zu zimmern und an die Schulwand zu nageln. Und es lässt sich Klage führen, dass die Christen keine Märtyrer kennen, um sich so schon zum Märtyrer zu stilisieren.

Ein argumentengetriebener Film. Das schräge Kreuz und die Bekreuzing der Sicherheitskräfte vor diesem zeigen die kuriose Schieflage. Die Bibel ermöglicht es auch, den Freund zum Schüler zu machen. Antisemitismus lässt sich ebenfalls begründen.

„Seid fruchtbar und mehrert Euch“ und es heißt nicht „Füllt Kondome!“. Und „Tod für Schwule“.
Schlusschoral: Gott ist tot.

Kirill Serebrennikov hat nach dem Theaterstück „Märtyrer“ von Marius von Mayenburg dem Unfug mit dem Zitieren religiöser Texte auf den Zahn gefühlt, diesen bildlich gesehen festgenagelt.

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