Kommentar zu den Filmstarts vom 16. Juni 2016

Diese Woche sind nicht so viele Neustarts zu verzeichnen, aber wiederum ist viel Sehenswertes dabei.

Mein Favorit ist der japanische Biopic-Animationsfilms Miss Hokusai, der wie magnetisch um den Fixstern am japanischen Zeichnerhimmel Hokusai kreist unter dem Vorwand, über die Tochter zu berichten.

In Schau mich nicht so an nutzt kesse Mongolin die Freiheiten, die ihr die HFF gibt, zur sexy Irritation eines Kultsubventionsstars.

7 Göttinnen – Angry Indian Goddesses ist ein Plebiszit starker Frauen gegen die in Indien weit verbreiteten, von den Männern für selbstverständlich gehaltenen Vergewaltigungen von Frauen.

Das Talent des Genesis Potini nutzt großartige Portraitfotografie und das Schachspiel als Angriff auf tumbe Stammes-Inititationstraditionen in Australien.

Die Zerstörung der Wohnung in Demolition: Lieben und Leben lassen wirkt wie ein unterbewusstes Trauma-Erbstück von 9/11.

Demolition: Lieben und Leben lassen

Mit seinen Filmen Der große Trip – Wild und Dallas-Buyers-Club hat Jean-Marc Vallée sich bereits in amerikanische Befindlichkeiten hineingebohrt.

Er bleibt dabei mit diesem, seinem Jersey- und zugleich New York-Film nach dem Drehbuch von Bryan Sype.

Jersey-Film insofern als der Protagonist, Jake Gyllenhaal als Davis, aus New Jersey kommt und deshalb auch viele Szenen in den gerammelt vollen „Commuter-Trains“, den Pendlerzügen hat. So eng, wie er hier dicht an dicht mit seinen Zeitgenossen steht, so eng macht sich Jean-Marc Vallée an die entkernte amerikanische Middleclass ran, deren Selbstbewusstsein er als notleidend darstellt.

Gyllenhaal gelingt es jedenfalls hervorragend, ständig den Eindruck zu erwecken, er gehöre nicht dazu, er stelle sich aufgrund irgend einer Regieanweisung hier oder dorthin und mache „einen schlechten Eindruck“. Das soll er ja auch. Er sieht sich nicht identisch mit der Gesellschaft, in der er lebt.

New York-Film insofern als symbolisch für dieses angekratzte Selbstbewusstsein 9/11 steht. Deshalb darf ein kurzes Bild vom stolzen Nachfolger zu den Twin-Towers, dem One World Trade Center, WTC, nicht fehlen. Aber der Blick geht schnell wieder weg zum Bewusstseinsstrom des deplazierten Davis, der noch irritierter in der Welt sich bewegt, nachdem er seine Frau und offenbar große Liebe bei einem Verkehrsunfall verloren hat.

Ihr zuliebe hat er einen Job in der Firma ihres Vaters, eines Investors, angenommen. Grinst im Geschäftsanzug linkisch. Während er in der Unfallchirurgie auf Neuigkeiten über den Zustand seiner Gattin wartet, will er an einem Automaten Süßigkeiten kaufen. Der Automat mit dem beworbenen Produkt klemmt. Das irritierend symbolhaft passende Pendant zu einem existentiellen Vorgang wie dem Sterben – etwas klemmt, geht nicht weiter.

Jedenfalls setzt er sich hin und will an den Automaten-Hersteller einen Brief schreiben. Daraus wird der Beginn einer Lebensgeschichte. Später wird er das mit seiner platonischen Bekanntschaft Karen, Naomi Watts, wieder so halten, obwohl er doch bei ihr ein und aus geht. Es entspinnen sich dort auch Gespräche mit dem geleckten, zu pubertieren anfangenden Munterfilmbürschen als ihrem Sohn.

Die Kumpanei mit dem Pubertierenden (so einer fühlt sich auch nirgendwo aufgehoben) geht soweit, dass die beiden in rhythmischer Eintracht den Titel des Filmes anfangen einzulösen, nämlich die Demolierung der steril schicken, beton- und glashaften Behausung von Davis und seiner verstorbenen Frau.

Dem vorangegangen sind viele nicht Comme-il-faut-Auftritte von Davis bei der Beerdigung, in Begegnungen mit dem Schwiegervater, in der Firma. Er kann nicht mit der Verarbeitung dieses Todes umgehen. Alles scheint sinnlos. Zerstörung scheint die einzige Lösung.

Irgendwie versteht man das auch, so zäh und klebrig wie sein Milieu und freudlos, farblos geschildert wird, was extrem in der eigenen Sauce köchelt.

Und was hat der Schwammspinner damit zu tun? Der birgt vielleicht die Lösung für das Rätsel dieses Filmes.

Davis ist als Middle-Class-Amerikaner zudem in der Upper Class-Family seiner Frau ein Fremdkörper, deshalb betreibt er nach deren Tod konsequente Funktionsverweigerung. Die Moral, die hier allerdings kaum Boden hat: ich will nur, dass du du selbst bist. Ja, und das Leben ist ein Jahrmarkt, als Symbolik nachgeschoben – zur Entschärfung der eigenen, gewagten These?

Schau mich nicht so an

Kesse Mongolin, Uisenma Borchu, der Jurte entkommen, hat alles im Griff, mischt das deutsche Kino auf und verwirrt den Kultstar aus Subventions- und Staatsbetriebsgefilden, Josef Bierbichler, einer der wenigen, die ansatzweise improvisieren können.

Denn bei Uisenma Borchu, die nicht nur das Drehbuch geschrieben und die Regie geführt hat, sondern auch eine der beiden Hauptrollen spielt, soll glaubwürdig und natürlich gespielt werden. Das wird es auch und ist doch im deutschen subventionierten Kino lange nicht das Maß aller Dinge ist. Sie stellt Bierbichler auf eine harte Probe.

Uisenma Borchu nennt sich im Film Hedi, spielt eine junge, emanzipierte Frau, die in München lebt, was genau der Job ist, bleibt unklar. Sie wohnt in einem Altbau mit geräumigen Zimmern und ist Nachbarin von Iva, Catarina Stemmer, lange nicht so eine natürliche Schauspielerin im deutschen Kino gesehen. Iva hat nicht alles im Griff, im Gegensatz zu einer der Selbstdefinitionen von Hedi.

Über das 5-jährige Töchterchen Sophie von Iva kommt der Kontakt zu Hedi zustande, die in einer höheren Etage desselben Wohnblockes wohnt. Als erstes bietet sie dem Mädel eine Zigarette an. Iva ist nicht erfreut, dass die Nachbarin ohne ihre Anwesenheit mit dem Kind anbandelt. In diesem Alter würden soziale Beziehungen nur im Beisein der Eltern geknüpft, belehrt sie die fremdländische Nachbarin, die perfekt Deutsch spricht.

Sophie ist ein rotzig quengelndes Mädchen, das nicht in den Kindergarten will und dem das Drehbuch altkluge Sätze in den Mund legt: „Heute ist Samstag, heute ist kein Kindergarten“. Oder: „Ich finde, du bist cool“. Aber Mutter hat auch andere Interessen, gut aussehende Liebhaber gehen bei ihr ein und aus; Mama will ihr Sexvergnügen. Kleine Kinder spannen solche Absichten und Sophie schreit jedes Mal, wenn es mit Mutter und einem ihrer Macker zur Sache gehen soll. Töchterchen will sich nicht mit Gutnachtgschichten ab Kassette abspeisen lassen.

Uisenma Borchu liebt die Gegensätze, das sich Beißende; zwischen die Münchner Szenen schneidet sie eine Reise zu ihrer Oma nach Ulan-Bator. Diese haust und lebt ihr traditionelles Leben in einer Art Slum-Vorort entwurzelt in einer Jurte, die im trostlosen Vorgärtchen einer armseligen Hütte aufgebaut ist.

Den Culture Clash treibt Uisenma Borchu auf die Spitze in der Begegnung und Konfrontation mit Josef Bierbichler. Dieser spielt den Vater von Iva. Ein Kontakt zwischen ihm und ihr besteht lange nicht mehr.

Da Iva und Hedi sich über Sophia angefreundet haben, erfährt Hedi von diesem Vater, der die Tochter und die Enkelin besuchen will, der aber aus seinem Hotel schwer rauskommt. Dort spürt Hedi ihn auf. Mit großer Ungeniertheit bandelt sie mit dem alten Herrn an, provoziert ihn, stößt ihn an die Grenzen seiner Impro-Kunst, wodurch er einen bemerkenswerten Level an Echtheit erhält.

Hedi erzählt dem Alten an der Hotelbar frei von der Leber weg von den Sexgewohnheiten bei den Nomaden in den Jurten, wo alle Generation unter einem Dach schlafen, wie das en Detail vor sich gehe, ohne den Generationenfrieden zu stören.

Auch die beiden Frauen, die Mutter und die Kinderlose verstehen sich prächtig, entspannt, was ist schon dabei; das hat mit Gymnastik zu tun und lustiger, wenn ein Mann dazustößt.

Einfall einer chronischen Raucherin von Mongolin in den dösigen Tümpel des deutschen Subventions- und Pfründenkinos, hier ganz unbeleckt davon, nutzt keck die geistige Freiheit, die die Wüste gibt und die hier offiziell als Freiheit der Kunst propagiert wird und macht was draus und die Kamera von Sven Zellner keckt fit mit. Keck. Kess. Cool.

Stimmungsbackground ist das blaue Gemälde von Borchu Bawa, das bei unscharfem Sehen an die entpannenden Seerosen von Monet erinnert.

Miss Hokusai

Über künstlerische Radikalität.

Mit 90 soll der greise und längst berühmte Künstler Hokusai, der in der Edo-Zeit in Japan lebte, gesagt haben, er möchte noch nicht sterben, denn wenn er noch 5 Jahre weiter übe, so werde vielleicht doch noch ein Künstler aus ihm. Der Satz wird in diesem japanischen Animationsfilm von Keiichi Hara nach dem Drehbuch von Miho Maruo nach dem Manga von Hinako Suiura gegen Ende zitiert.

Der Film selbst kann gesehen werden als eine für dieses Genre unkonventionlle Schilderung, Bebilderung eines radikalen Künstlerlebens in Tokyo, das damals noch Edo hieß. Im Film kommen drei Töchter von Hokusai vor, seine Frau lebt getrennt.

Der Film gibt vor, das Leben seiner Tochter O-Ei zu schildern. Das wirkt wie eine Finte aus Ehrfurcht vor der Größe von Hokusai selber, um ihm nicht zu nahe zu treten und doch über ihn respektvoll zu berichten, seine Lebensumstände, sein konsequentes Künstlertum.

O-Ei war auch Malerin. Sie sei sogar besser im Zeichnen von Frauen als er. Sie wohnt bei ihrem berühmten Vater. Der Künstlerhaushalt wird als ungepflegt, verlottert, verdreckt gezeichnet, keiner kümmert sich um den Hausputz, Abwasch. Wenn eine Wohnung zu sehr zugemüllt ist, wird umgezogen.

Hokusai ist pausenlos am Malen. Er ist voll darauf fixiert. Sein engeres Umfeld besteht aus dem Schüler Kuninao, aus Brazen, dem Trunkenbold, sowie Käufern und seiner Tochter.

Die kleine Schwester von O-Ei, O-Nao ist blind. Viel Zeit verwendet der Film auf die Paarung O-Ei und O-Nao. O-Ei führt O-Nao auf ihre Brücke, einen ihrer Lieblingsaufenthaltsorte, erklärt ihr die Geräusche, macht mit ihr eine Bootsfahrt. Die Welt der Blinden und der Sehenden. Es gibt auch lustige Szenen mit dem kleinen, blinden Mädchen, das den Winter erlebt, den Schnee, den man von den Bäumen schütteln kann – wie sorglos die Welt doch sein kann.

Es gibt esoterische Elemente im Film. Ein Besuch in großer Besetzung, Vater und Tochter im Freudenhaus bei einer bekannten Geisha. Hier werden merkwürdig esoterische Träume ausgetauscht. Hokusai erzählt einen Traum aus seiner Kindheit, wie er Gobelins zeichnet, von länger werdenden Fingern, die sich zu Figuren formen. Einen solchen erlebt die Geisha in der Folge. Es geht um Drachen, um die Hölle, um Zeichnungen, die sujetmäßig mit westlichen Darstellungen der Hölle in Beziehung gesetzt werden können.

Die Musik nimmt sich alle Freiheiten, von traditionell japanisch bis zu popkulturellem Mixsound oder voluminösem Orchester, wenn ein Sturm aufkommt und mal wieder alle Zeichnungen von Hokusai und seiner Tochter durcheinanderwirbelt.

Utamaro wird erwähnt und es geht um das Leben der Bilder.

Es gibt eine Szene, von einem Bettler, der Vögel in einem Korb hat und wenn man ihm Geld gibt, so werden sie freigelassen. O-Ei spendet. Ihr Vater Hokusai meint anschließend trocken, denen seien die Flügel gestutzt und sie würden alle wieder zurückkehren.

Bemerkenswert ist auch die Zeichnung des Gesichtes von Hokusai mit den paar Bartstopeln, ein eindrücklicher Schädel mit unbestechlich wirkendem Blick. Anhand seiner jüngsten Tochter, der Blinden, wird auch das Thema Sehen gestreift.

Es wirkt so, als sei Hokusai ein unanfechtbarer, erratischer Block in einem wie beliebig um ihn herum tobenden Leben, wobei er sich zwar inspirieren zu lassen scheint, ihn aber nichts vom Malen abbringen kann. Indirektes Portrait einer kristallinen, unbeugsamen Künstlerpersönlichkeit.

7 Göttinnen – Angry Indian Goddesses

Pan Nalin, der mit Subhadra Mahajan, Dilliüp Shankar und Arsala Qureishi auch das Drehbuch geschrieben hat, stellt sieben starke, selbstbewusste Karrierefrauen als die sieben Göttinnen in den Mittelpunkt seiner Behandlung des Themas, wie Indien mit seinen Frauen umgeht; Anlass dürften die häufigen Vergewaltigungen von Frauen, oft gleich durch mehrere Männer, gewesen sein, die weltweit Aufsehen erregt haben, auch weil den Opfern oder ihren Hinterbliebenen selten Gerechtigkeit zuteil geworden ist.

Nalin macht ein langes Warm-Up in seinem Film, bis er sein Thema umso schockierender auf den Tisch legt. Die sieben Freundinnen, die alle im Leben erfolgreich sind oder es werden wollen als Fotografin, Model, Sängerin, Malerin, Geschäftsfrau, Sportlerin, Künstlerin werden von Frieda in Goa zusammengerufen.

Es soll ein unbeschwerter Jungesellinnenabschied werden, denn sie werde heiraten, erfahren die Freundinnen, nachdem sie eingetroffen sind. Sie sind aufgedreht, ratschen, vergnügen sich, gehen ans Meer, trinken, unterhalten sich über ihre Berufe, Kleider, über ihr Leben, das ist häufig ein großes Durcheinandergerede, eine Leichtigkeit und Lockerheit, gelegentlich von einem Song unterbrochen.

Nalin drückt uns vergnügt das Bild aufgekratzter, attraktiver Frauen stets mit behender Kamera wie spontan aufs Auge und aufs Gemüt. Ein Songtext fängt an mit „Vater, wann verheiratetst Du mich?“. Hangout der sorglosen Art, in weichen indischen Tönen locker gefilmt; einzig die harten, deutschen Synchronstimmen sind ein Stimmungskiller und mit viel Lispeln durchsetzt.

Irgendwann erschüttert das Thema Suizidversuch die Runde. Und endlich die Frage, wen Frieda heiratet: es ist eine Frau, Nargis, eine Angestellte, wenn ich das richtig verstanden habe.

So wird unverhofft diskutiert, dass in Indien immer noch Paragraph 377 aus der britischen Kolonialzeit gelte. Deshalb will Frieda ihre Hochzeit nur im kleinen Kreis feiern.

Eine der Freundinnen gesteht in einem Gespräch, dass sie unter ihrer Kinderlosigkeit leidet, sie ist aber überzeugt, dass das Problem bei ihrem Mann liege und dass sie sich scheiden lassen wolle; dieses und andere Themen werden nicht mit großem Auftritt behandelt, sie ergeben sich aus dem Beisammensein, weil es die Leute beschäftigt.

Eine erzählt von ihrem Töchterchen, das sich einsam fühlt, sie zeigt einer der Freundinnen die Bilder, die es unter einem Bretterverschlag an die Wand gemalt hat. Sprache, Akzent und das Ausgelachtwerden deswegen ist ein anderes Thema; es betrifft die Schauspielerin, die nicht originär Hindi spricht.

Am Abend vor der Hochzeit wird Strandparty gefeiert. Dann erst folgt wie ein Hammer das Hauptthema des Filmes, die Kultur der Gruppenvergewaltigung von Frauen. Die Behörden verdächtigen, auch das passt zum Bild, die Freundinnen, befragen sie höchst misstrauisch. Die entscheiden sich allerdings für eine selbst initiierte Lösung im Sinne eines Revengefilmes und Nalin löst das Ganze in einer plebiszitären Szene in der Kirche auf, wo Hochzeit, Trauer und die Polizei zu einem unerwarteten Finale sich hochschrauben.

Das Talent des Genesis Potini

Nach Bauernopfer – Spiel der Könige, ein weiterer Schachfilm, diesmal aus Australien, in dem das Spiel eine signifikante Rolle erhält.

Wie sich aus einer portraithaften Bilderreihe am Rande zur naiven Malerei und vornehmlich im Format der Halbnahen extensiv ein elementarer, kultureller Konflikt aufbauen und nach einem spannenden Turniercountdown als letzter Zündstufe entladen kann, das zeigt uns hier der Neuseeländer James Napier Robertson. Es geht um den Konflikt zwischen althergebrachter, indigener Männergesellschaft, die sich vor allem im Biersaufen bestätigt sieht, und einer Welt, die andere, geistige Dinge für wichtiger hält, das Schachspielen zum Beispiel.

Der Konflikt wird früh im Film angelegt. Es geht um den jungen Mana, James Rollston. Er steht kurz vor seinem 16. Geburtstag und erwartet dazu seine Initiation in die Männergesellschaft mit kruden Ritualen wie Zusammengeschlagen- oder Bepisstwerden.

James‘ Onkel Genesis, die Hauptfigur der eigentlichen Erzählung des Filmes, war einst ein Schachmeister, The Dark Horse genannt, und als solcher berühmt. Er hat psychische Probleme, muss ab und an in die Klink und Medikamente nehmen.

Mit Genesis fängt der Film verhalten poetisch an, wie er in Selbstgespräche vertieft, mit einer bunten Decke bekleidet durch den Regen wandelt, zielbewusst auf ein Geschäft mit Schachspielen zu geht und wie weltabwesend eine Partie auf einem Brett fortführt. Pfleger entedecken ihn. Er kann wieder in die slumhafte Behausung seiner Verwandten zurückkehren.

Diese Geschichte ist eine Selbstheilungsgeschichte, indem Genesis sich selbst helfen wird, dadurch dass er Kids das Schachspielen beibringt.

Robertson erzählt das nicht ziel- und pointenbewusst, er nutzt die Vorlage, um seine Akteure vorwiegend aus der Halbnahen zu betrachten. Die Auseinandersetzungen um die Krankheit und um den Schlafplatz von Genesis. Wie er von der Jungendschmeisterschaft in Aukland erfährt, wie er den Kids der verwahrlosten Schule das Schachspielen beibringen und sie fit für die Meisterschaft machen will.

Eine gewisse Parallele findet sich zum Film Die Kinder des Fechters wobei dieser den Fehler macht, gezielt auf den wundersamen Erfolg hinzuarbeitens, geleckt und geschleckt und poliert; während hier die Story primär ein Vorwand für eindrückliche, monumentale Fotografie abgibt.

Erst auf dem Turnier dreht Robertson gekonnt an den Spannungschrauben, stellt die Action in den Vordergrund, aber auch das vor allem mit der Fotografie, jetzt aber schnell getaktet ineinandergeschnitten.

Das Problem für Mana, den Genesis zum Mitspielen animieren und ihn beim Turnier dabei haben möchte, ist vorerst das, dass der Termin seiner Initiation mit dem Termin des Turniers konfligiert. Diese Kohle holt Genesis mit einem Gespräch mit seinem Bruder aus dem Feuer.

Heftiger wird es nach der Rückkehr vom Turnier, wie die Männer-Rocker-Gesellschaft der Vagrants ihres nun eingegliederten Nachwuchses habhaft werden will – der hat inzwischen entdeckt hat, dass es noch eine andere Welt als nur die degenerierte, alkoholisierte Stammeswelt.

Ein Film, der zusehends zu bannen und zu faszinieren vermag, weil er das hollywood-abgelutschte Heilsmodell mit Bedacht und recht konsequent aushebelt.

Was mich allerdings bei der Charakterisierung der Weltabwesenheit von Genesis wundert, wie cool und routiniert er Auto fährt.

Über allem wabert die einheimischen-Geschichte von Tohunga die teils life von einem Buben erzählt wird, wie die Kids das Geld für die Fahrt nach Auckland mit Straßenperformance sammeln, selten sieht man den erzählenden Jungen, der Bildermix unter seiner Erzählung macht’s. Oder: von der Wahrheit der Fotografie bei gleichzeitiger Fragmentierung der Erzählung, in großer Ruhe, Gelassenheit und Zugeneigtheit.