Mr. Holmes

Versponnene britische Erwägung, was wäre, wenn Sherlock Holmes, Ian McKellen, noch lebte, inzwischen uralt wäre und am Anfang zur Demenz stünde.

Für das Problem mit dem Gedächtnis spricht, dass er den Namen des hellwachen und exzellent gecasteten als auch von der Regie geführten Buben Roger auf seinem Hemdärmel aufgeschrieben hat. Roger ist der Sohn seiner Haushälterin Frau Munroe, Laura Linney, in seinem verwinkelten Landhaus am Meer. Steile Stiegen führen in sein Arbeitszimmer hinauf. Allein der Aufstieg ist jedesmal eine riskante Aktion für den Greis. Hier beschäftigt er sich mit alten Papieren und Krimskrams, mit der Hinterlassenschaft seines Bruders, die sich in einer kleinen Truhe befindet.

Hier stößt Homes auf Hinweise auf eine frühere, nicht zufriedenstellend erledigte Geschichte. Die versucht er zu erinnern. Von Hand macht er sich seine Notizen. Schaut mal ein altes Foto an. Aber Schreiben mit einsetzendem Gedächtnisverlust ist nicht leicht.

Daneben züchtet Holmes Bienen und wird immer mehr zum wichtigen Ansprechpartner für den vaterlosen, aufmerksamen Buben, dem er genügend von seinen Erkenntnissen und Weisheiten weitergibt. Dass Bienen, wenn sie stechen, einen Stachel hinterlassen, Wespen dagegen nicht.

Der Fall, um den seine Gedanken kreisen, und den sie versuchen zu rekonstruieren, ist der von Frau Kelmot, einer Deutschen. Die hat sich verdächtig verhalten. Viele der Szenen von damals werden als Rückblenden eingespielt. Holmes gelangt zur wenig erbaulichen Erkenntnis, dass er zwar jede einzelne Beobachtung und jede Spur korrekt interpretiert hat, dass er aber zu einem vollkommen falschen Schluss gekommen ist.

Zeit also, sein eigenes Denkmal zu destruieren. Denn seine öffentliche Berühmtheitsfigur war lediglich eine Erfindung von Dr. Watson. Eine späte Korrektur-Aufgabe.

Aber alle sind tot, praktisch alle, mit denen er zu tun gehabt hat. Er ist allein auf dieser Welt. Das ist das einprägsame Schlussbild auf grüner Wiese mit Blick aufs Meer. Holmes kniet auf dem Boden, arrangiert sinnliche, runde Steine in einem Kreis um sich herum, jeder Stein steht für einen Verstorbenen. Bald ist auch Holmes abflugbereit. Das zeigt sein uneingeübter Versuch einer Fluggeste an. Die Vergänglichkeit relativiert alles.

Inszeniert hat Bill Condon (Inside Wikileaks – die fünfte Gewalt, Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 2) Das Drehbuch stammt von Jeffrey Hatcher nach dem Roman von Mitch Cullin.

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