Hasret – Sehnsucht

Von Ben Hopkins, der mit Ceyland Ünal Hopkins auch das Drehbuch zu diesem Film geschrieben hat, gab es schon Welcome to Karastan, ein individueller Film.

Jetzt hat Hopkins eine Istanbul-Hommage versucht. Individuell auch diese. Dabei legt er im Film selber den ständigen Clinch, in dem er steht, offen, mosert darüber und hackt die unangenehme Seite entsprechend lieblos ab: nämlich die Forderung der Fernsehredaktionen, ZDF und arte, die ihm viel zu wenig Geld gegeben hätten, zu erfüllen. Die wollen, jetzt kommt es an den Tag: Info, Info, wie alt die Stadt sei etc. und viele Zeitrafferaufnahmen, die einen beängstigenden Eindruck vom Moloch Stadt machen sollen, das möchte die Fernsehredaktion, für die wir unsere Zwangsgebühren vom bescheidenen Budget abknapsen müssen. So weit, so einfach, man denkt, man guckt in Redakteurs Hirn wie der Zahnarzt in einen faulen Zahn.

Hopkins ist aber auch liebend gern ein Ego-Darstller, das war er schon im vorherigen Film. Aber Istanbul hat ihn deutlich fertiger gemacht als Karastan. Denn die Folge des wenigen Fernsehgeldes war, so stellt er es im Film mindestens dar, dass er und sein Team als blinde Passagiere in einem Frachtcontainer sich nach Istanbul verschiffen lassen müssen.

Dann gibt es einen netten, schwarz arbeitenden Hoteldiener. Hopkins trifft mit seinem Team auf syrische Alawiten (ist das nicht die Schicht um den syrischen Assad?), die auf dem Schwarzmarkt die Preise kaputt machen.

Istanbul verwirrt den Filmemacher, und die Forderung der Fernsehredaktion noch mehr. So dass nicht recht klar wird, was ihn überhaupt interessiert an dieser Stadt und weshalb er sie so liebt. Ein Türke scheint er jedoch nicht zu sein.

So entscheidet er sich für ein recht beliebiges Istanbul-Potpourri, non-touristisch, das schon, aber immer wieder der Fernsehanspruch, auch Bilder von der schönen Prinzeninsel zu schießen. Das erinnert an die Karastan-Situation (hier die Wünsche des Diktators, dessen Position im jetzigen Film die Fernsehredaktion einnimmt). Das Team von Hopkins ist auf dieser schönen Prinzeninsel fix und fertig, fragt sich, was sie da sollen. Denn zu sehen, und das nur von außen und hinter Mauern, gibt es lediglich ein leerstehendes Waisenhaus. Aber die Fernsehredaktion wollte es und bekommt Ratlosigkeit statt Spannung oder Erbauung geliefert, um den Grundauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ad absurdum zu führen.

Es gibt eine Reihe von Bildern verschiedener Religionsgemeinschaften, einen kurzen Einblick in eine Tanzprobe von Kindern, viele nächtliche Schwarzweiß-Aufnahmen von leeren Gassen, gerne auch am Rande des Fotoexperimentes, Hinweise auf die rasende Gentrifizierung, die rücksichtlose Bauerei, der ganze Quartiere weichen müssen, eine Sufismus-Seance von Derwischen, Kaffees kommen vor und auch Friedhöfe genau so wie ein Tänzchen türkischen Tangos – kunterbunt durcheinander, was ihm vor die Kamera läuft – da wird sich mancher Zuschauer sagen, der nie ein Pauschaltourist sein will, das könne er auch und den Reisezuschuss von ZDF und arte würde er klaglos mitnehmen und dafür die verlangten Zeitrafferaufnahmen ohne Gewissensbisse liefern.

Als kleiner Storyansatz dient die Begegnung mit einem Exzentriker, der erzählt, Istanbul sei früher ein Katzenstaat gewesen und der sonderbare Telefonnummern von Toten weitergibt, es gibt eine geheimnisvolle Frau, die plötzlich auf Bildern auftaucht; alles recht konfus zusammengeschnitten.

Irgendwann reicht es dem Team von Hopkins. Sie wollen zurück nach Deutschland. Er lässt sie einen Container am Hafen besteigen und da erst 60 Filmminuten vorbei sind, bleibt Hopkins allein in Istanbul, beschäftigt sich mit den Geistern der Stadt, wenig ergiebig für den Zuschauer. Ein trauriges Beispiel für den verheerenden Einfluss des Fernsehens auf das Kino. Hopkins‘ Sehnsucht dürfte die nach einem nicht bevormundeten Kino sein.

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